Erfindung und Verbreitung des Schachspiels

Arabien

Es wird angenommen, dass die Araber das Schachspiel in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts kennengelernt haben. Eine Stütze dieser Annahme ist die Tatsache der Eroberung Persiens durch die Araber im Jahre 642.

Das Schatrandsch, wie ihn die Araber nannten, ist für einen Schachspieler ziemlich leicht; es gut zu spielen dagegen recht scwer, denn ein Teil der Figuren weist eine andere Gangart auf. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass im Schatrandsch das Ziel ein anderes ist als im Schach. Heute kennt man nur eine Form des Sieges, nämlich das Matt. Der Schatrandschspieler dagegen kennt deren drei. Und von diesen die wichtigste nicht etwa die Gefangennahme des Königs (das Mat), sondern dessen Beraubung. Der Schah (König), der Faras (Ross, Springer) und der Rukh (Roch, Turm) zogen im Schatrandsch ebenso wie im Schach; nur die Rochade kannten die Araber nicht. Fersan (Rat, Dame) und Fil (Elefant, Läufer) dagegen zogen ganz anders. Der Fersan nur schräg bis aufs nächste Feld, der Fil auch nur schräg, aber springend, und zwar bis aufs übernächste Feld. Der Baidaq (Fussgänger, Bauer) schliesslich zog und schlug zwar wie im heutigen Schach, aber der Doppelschritt war ihm nicht erlaubt und auf der achten Reihe wurde er zum Fersan. Die Verschiedenheit des arabischen - auch auch des indischen und persischen Schachs - ist zwar nur auf die Hälfte der Figuren beschränkt, aber trotzdem sehr gross. Man vergleiche nur den gleichsam kriechenden Fersan mit der heutigen Dame, man beachte, wie wenig Felder der springende Fil erreichen kann im Gegensatz zu unserem langschrittigen Läufer. Und die Umwandlung des Baidaq in einen Fersan bringt eben auch nicht viel. Der einzige Langschrittler des Schatrandsch war der Rukh. <ü>Folgerichtig verlief das Spiel der arabischen Schachmeister in positionellen Bahnen. Sie entwickelten Eröffnungsmethoden und legten sie schriftlich nieder. Allerdings auf andere Art und Weise. Sie notierten Stellungen, die sich nach einer Reihe von Eröffnungszügen ergaben (so an die 10 bis 12), die Tabijen. Bis zum Jahre 1881 glaubte man, dass mit den Tabijen die Aufzeichnungen der alten Meister zu Ende seien. Dem war nicht so. In einer Handschrift, dessen Verfasser Ladschladsch hiess, fand man Aufzeichnungen, die das Spiel über die Eröffnungszüge hinaus weiterführten, ganz so wie in unseren heutigen Theoriebüchern. Es sei noch ergänzt, dass die dritte Art, eine Partie zu gewinnen, der Pattsieg war.

Einen viel grösseren Raum als die Tabijen nahmen in der orientalischen Schachliteratur die Endspiele (Mansuben) ein. Von den Mansuben und ihren Lösungen haben die Schachhistoriker gelernt, wie sich das arabische Schach von unserem unterscheidet.

Auszüge aus "1889-1989 100 Jahre Schweizerischer Schachverband", geschrieben von Alex Crisovan, erschienen 1989, Zürcher AG (Zug)