Interview

Interview mit Christine Zoppas: «Schach ist für Mädchen viel früher mehr als reines Spiel»

Christine Zoppas ist Leiterin der Fachstelle Nachwuchsförderung und Ausbildung des Schweizerischen Schachbundes und gehört in dieser Funktion der vor Kurzem formierten SSB-Arbeitsgruppe Mädchen- und Frauenschach an. «SSZ»-Chefredaktor Markus Angst sprach mit der 41-jährigen Berner Oberländerin, die seit zwei Jahrzehnten im Kanton Nidwalden wohnt, über deren Zielsetzungen, generelle Aspekte des Mädchen-/Frauenschachs in der Schweiz und die Erfahrungen in ihrem eigenen Klub. 

«SSZ»: Warum sind Ihrer Ansicht nach nur 6,8 Prozent der SSB-Mitglieder weiblich?

 Christine Zoppas: Wenn man die Zahlen genauer anschaut, erkennt man sehr schnell, dass wir in der Kategorie U8 am meisten Mädchen haben. Die Gretchenfrage lautet deshalb: Weshalb können wir die 25 Prozent Mädchen bei U8 nicht halten? Und hier könnte das unterschiedlich frühe Einsetzen der Entwicklungsphasen bei Knaben und Mädchen eine Ursache sein. Bezüglich des Themas «Mädchen und Schach» stehen für mich drei Faktoren im Vordergrund. Erstens ist Schach für Mädchen viel früher mehr als reines Spiel. Zweitens haben Mädchen den Wunsch nach einem mädchenfreundlichen Umfeld und einer gemeinschaftlichen Atmosphäre. Drittens meiden Mädchen oft den kompetitiven Ansatz.

In der Kategorie U8 beträgt der Mädchenanteil 25 Prozent, doch im Alter von 14 Jahren gibt es einen grossen Knick. Warum?

Wegen der bereits erwähnten Ursachen könnte es sein, dass die Mädchen in diesem Alter Mannschaftssportarten bevorzugen, bei denen die Kommunikation und die Teamfähigkeit im Vordergrund stehen. Es zieht die Mädchen eher in Sportvereine mit einem hohen Mädchenanteil. Oft mangelt es den Mädchen auch an Selbstvertrauen. Im Gegensatz zu den Mädchen sehen die Knaben ihren Erfolg als Effekt ihres eigenen Könnens. Mädchen haben teilweise sogar Angst vor dem Erfolg, da sie denken, dass es nicht erwünscht ist, wenn sie brillieren. Sie schreiben ihren Erfolg external dem Zufall zu, den Misserfolg aber internal mangelnden Fähigkeiten.

Oft wird darauf hingewiesen, dass ja auch wenige junge Frauen Mathematik oder Physik studieren. Sehen Sie diesen Zusammenhang bezüglich Schach auch?

In der Schule versuche ich immer wieder, Kinder zum Schachspiel zu motivieren. Es ist aber auffallend, dass es – auch mir als Frau – einfacher fällt, die Knaben dafür zu gewinnen. Meistens sind das Knaben, die in der Mathematik keine Schwierigkeiten haben und so auch Ressourcen haben, um etwas Zusätzliches zu machen. Die Mädchen trauen es sich oft nicht zu. Ich habe auch schon Aussagen gehört wie «dafür bin ich zu wenig schlau.» Ich weiss nicht, ob man da von einem Zusammenhang sprechen kann, aber mich würde schon Wunder nehmen, wie viele junge Frauen sich zutrauen, Mathematik oder Physik zu studieren und wie viele effektiv das Potenzial dafür hätten.

Lesen Sie das komplette Interview mit Christine Zoppas in «SSZ» 1/21!

Christine Zoppas: «In der Schule versuche ich immer wieder, Kinder zum Schachspiel zu motivieren.»