Interview

Interview mit André Vögtlin: «Ich sehe mich in der Rolle des Spielertrainers»

Der neue Zentralpräsident des Schweizerischen Schachbundes (SSB) André Vögtlin sagt dem Mitgliederschwund den Kampf an. Wie er insbesondere mehr Aktive in Vereine bringen will, erfahren Sie im folgenden Interview.

«SSZ»: Sie offenbarten an der virtuellen SSB-DV einen erschreckenden Trend: Zwischen 1999 und 2019 ging die Zahl der Aktiven (20- bis 60-Jährige) unter den Verbandsmitgliedern von 5000 auf 3000 oder um 40 Prozent zurück. Was sind die Gründe dafür?

André Vögtlin: Das ist in der Tat ein erschreckendes Szenario! Wenn wir unsere Mitgliederzahlen bis ins Jahr 2039 extrapolieren, sehen wir, dass die Kategorie der Aktiven gegen null geht. Dieser Trend ist jedoch nicht überraschend. Die Überalterung der Gesellschaft beginnt sich heute in der ganzen Gesellschaft markanter als früher auszuwirken – die AHV-Diskussion lässt grüssen. Auch wir im Schach wissen seit Jahren, dass sich die demografische Entwicklung irgendwann ungünstig auf unsere Mitglieder- und letztlich auf unsere Budgetzahlen auswirken wird. Es droht in den nächsten Jahren eine V-Struktur bestehend aus leicht wachsenden Junioren- und Seniorenbeständen und einem weiterhin sinkenden Bestand an Aktiven – und sehr langfristig betrachtet eine L-Struktur, die nur noch aus Junioren bestehen würde. Der stetig steigende Druck der Wirtschaft auf das Studenten- und Arbeitsleben veranlasst leider viele Jugendliche und Arbeitstätige zum Pausieren. Wir suchen nach Wegen, den Verbleib im Verein und Verband zu fördern.

Während der Corona-Pandemie erlebte Schach auch in der Schweiz einen eigentlichen Boom – erstens weil viele Leute zu Hause bleiben mussten und das gemeinsame (Brett-)Spielen neu entdeckten, zweitens wegen der zahlreichen Online-Angebote und drittens wegen der Netflix-Serie «The Queen’s Gambit». Weil sie wegen des Lockdowns geschlossen waren, konnten die Klubs aber keinen unmittelbaren Profit aus dieser Schach-Euphorie ziehen. Wie können die Vereine dies möglichst schnell nachholen?

Diese Frage beschäftigt mich seit einiger Zeit. Nach der AIDA-Formel im Verkauf (Attention, Interest, Desire & Action) wurde während der Krise tatsächlich viel Wahrnehmung und Interesse für Schach geweckt. Die Übersetzung in die Vereine ist jedoch eine grosse Herausforderung, die wir gemeinsam angehen sollten. Das Projekt «8000plus» des Badischen Schachverbands in Deutschland hat gezeigt, dass den Vereinen eine Schlüsselrolle zukommt. Mit einem Massnahmen-Cocktail können sie auf lokaler Ebene Neumitglieder akquirieren und in ihren Verein integrieren. Der Verband pusht das Projekt und ist unterstützend – beispielsweise mit Werbemassnahmen – aktiv an ihrer Seite. Wie bei einem Flugzeug braucht es mehrere Triebwerke, um an Flughöhe zu gewinnen.     

Lesen Sie das komplette Interview in «SSZ» 4/21!

 

 

André Vögtlin: «Es droht in den nächsten Jahren eine V-Struktur bestehend aus leicht wachsenden Junioren- und Seniorenbeständen und einem weiterhin sinkenden Bestand an Aktiven.»