SSB-Verbandsschiedsgericht

Urteil des SSB-Verbandsschiedsgerichts: Wenn ein Spieler einen Bauern mit zwei Händen in eine Dame umwandelt…

«Benützt ein Spieler zwei Hände zur Ausführung eines einzigen Zuges (beim Rochieren, Schlagen oder einer Bauernumwandlung), wird dies wie ein regelwidriger Zug behandelt. Für den ersten Verstoss fügt der Schiedsrichter zwei zusätzliche Minuten zur Bedenkzeit des Gegners hinzu; für den zweiten Verstoss durch denselben Spieler erklärt der Schiedsrichter die Partie für ihn verloren.» 

Artikel 7.7.1. und 7.7.2. der FIDE-Regeln lassen eigentlich keine Zweifel offen: Ein Zug darf nur mit einer Hand ausgeführt werden. Dass die Sache aber nicht ganz so eindeutig ist, unterstreicht ein wegweisendes Urteil des Verbandsschiedsgerichts (VSG) des Schweizerischen Schachbundes (SSB) aus der vergangenen Saison der Schweizerischen Gruppenmeisterschaft (SGM). Interessant ist das jüngste VSG-Urteil nicht nur wegen des Streitfalls an sich, sondern weil es auch die Schiedsrichter-Kompetenzen der beiden Mannschaftsleiter und das Weiterspielen unter Protest beleuchtet. 

Folgendes ist in einem SGM-Match der 2. Regionalliga unbestrittenermassen passiert: Der Spieler X.Y. benutzte für den Bauernzug e2-e1 die eine Hand, stellte die Dame (in die der Bauer umgewandelt wurde) jedoch mit der anderen Hand auf das Feld e1. Sein Gegner reklamierte, und sein Verhalten wurde von beiden Parteien ohne grosse Diskussionen als Regelverstoss gewertet. Deshalb wurden der Bedenkzeit des Gegners von X.Y. zwei Minuten hinzugefügt. Gleichzeitig wurde die Ausgangsstellung vor dem regelwidrigen Zug wiederhergestellt und die Uhr von X.Y. in Gang gesetzt. 

Strittig ist jedoch, wie X.Y. den Umwandlungszug – was eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre, doch dazu später mehr – zum zweiten Mal ausführte. Gemäss Aussage seines Gegners und des Captains der gegnerischen Mannschaft zog X.Y. mit der rechten Hand den Bauern auf e1 und danach mit der linken Hand die Dame auf das Umwandlungsfeld und entfernte den Bauern. Hingegen gab X.Y. zu Protokoll, er habe mit der linken Hand die Dame genommen und sie in die rechte Hand übergeben. Dann habe er ebenfalls mit der rechten Hand den Bauern genommen, auf das Umwandlungsfeld geschoben, den Bauern entfernt und durch die (bereits in der rechten Hand befindliche) Dame ersetzt.

Da er den Zug von X.Y. als regelwidrig einstufte, weigerte sich sein Gegner, weiterzuspielen und reklamierte für sich den Sieg. Der SGM-Leiter, an den sich der Gegner von X.Y. gewandt hatte, sah dies auch so und sprach ihm den Sieg zu – mit der Begründung, X.Y. habe ja selbst zugegeben, dass er beim zweiten Mal ebenfalls beide Hände für den Zug benützt habe. Gegen diesen Entscheid erhob die Mannschaft von X.Y. Rekurs beim VSG. Dieses hob das Urteil der SGM-Leitung auf, gab X.Y. letztinstanzlich recht und erklärte ihn zum Gewinner der Partie.

Lesen Sie den kompletten Artikel zum jüngsten Urteil des SSB-Verbandsschiedsgerichts in «SSZ» 2/18!

Für die Umwandlung eines Bauern in eine Dame dürfen grundsätzlich nicht beide Hände benutzt werden. Hingegen ist es laut jüngstem Urteil des SSB-Verbandsschiedsgerichts erlaubt, die Dame von der einen Hand in die andere, mit welcher der Bauernzug ausgeführt wurde, zu übergeben und danach den Zug abzuschliessen.