Schach im Film: «Schach bietet zwischen den Zügen viele Elemente, welche die Filmdramatik beflügeln»

Es ist die erfolgreichste Mini-Serie auf Netflix seit der Gründung des auf kostenpflichtiges Streaming sowie auf die Produktion von Filmen und Serien spezialisierten amerikanischen Medienunternehmens vor 24 Jahren. Die sieben rund 60-minütigen Episoden von «The Queen’s Gambit» mit der die Schachspielerin Beth Harmon verkörpernden Schauspielerin Anya Taylor-Joy in der Hauptrolle war in zahlreichen Ländern während mehrerer Wochen die Nummer 1 der Netflix-Charts.

Die durch ihre schachliche Genauigkeit – kein Wunder: Ex-Weltmeister Garry Kasparow war Produktionsberater – überzeugende Serie zog weltweit nicht nur viele aktive Schachspieler(innen) in den Bann, sondern faszinierte auch viele Leute neu (oder aufs Neue) für das königliche Spiel. Und sie führte auch in der Schweiz zu einer Reihe von Schachberichten im Fernsehen und Radio sowie in den Printmedien.

Dass Schach in einem Kino- oder TV-Film – oder nun eben auch in einem Streaming-Dienst – im Zentrum steht, hat es zwar schon mehrfach gegeben. Doch das grosse Echo nach «The Queen’s Gambit» war definitiv einmalig. Was aber macht das Spiel auf den 64 Feldern so attraktiv für einen Film? Die «SSZ» stellte diese Frage einem Fachmann.

«Schach und Film ist eine Kombination, die nicht auf den ersten Blick zusammenpasst», antwortet Peter Neumann. «Während sich das Schachspiel über Stunden vor allem im Kopf der Protagonisten entwickelt und nur auf der kleinen Fläche des Schachbrettes sichtbar wird, liebt der Film die grossen Gesten, Tempo und häufige Szenenwechsel.»

Und dennoch finden die beiden, wie der Zürcher Filmhistoriker festgestellt hat, immer wieder auf packende Weise zusammen. «Denn Schach bietet zwischen den Zügen viele Elemente, welche die Filmdramatik beflügeln. Im Vordergrund steht das Motiv des Showdowns. Zwei Menschen sitzen sich im Ringen um die Vormachtstellung gegenüber. Schach wird so zum Pars pro Toto für den Kampf zwischen Ideologien, zwischen dem Aufsteiger und dem Etablierten, zwischen dem vermeintlich schwachen und starken Geschlecht – oder gar zwischen Leben und Tod.»

Die Konstellation des zugespitzten Showdowns verwendet der Film laut Peter Neumann, «um das Schachspiel als Symbol einer Welt im Widerstreit und als Abbild der menschlichen Psyche zwischen Genialität und Wahnsinn darzustellen. Dazu bedient er sich seiner mannigfaltigen Gestaltungsmittel (Grossaufnahme, Schnitt und Gegenschnitt, Zeitraffer, Musik), welche die entscheidenden Vorgänge hinter, zwischen und nach den Zügen erst richtig zum Leben erwecken.»

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Filmhistoriker Peter Neumann: «Schach und Film ist eine Kombination, die nicht auf den ersten Blick zusammenpasst.»