Interview

Interview mit André Vögtlin: «Wir freuen uns alle darauf, wenn wir uns wieder treffen können»

Vor etwas mehr als einem Jahr wurde André Vögtlin in den Zentralvorstand des Schweizerischen Schachbundes (SSB) gewählt und übernahm das Ressort Nachwuchs. Wegen der Corona-Krise beschäftige sich der 57-jährige Baselbieter jedoch bald mehr mit Online-Fragen als mit Jugendschach-Angelegenheiten und wurde vom spiritus rector so etwas wie zum Schweizer «Online-Papst». Im Gespräch mit der «SSZ» erzählt der Unternehmensberater, wie er den turbulenten Frühling und Sommer erlebt hat. 

«SSZ»: Erinnern Sie sich noch an den 4. März?

André Vögtlin: Ja – und zwar so deutlich, als wärs erst gestern gewesen. An jenem Mittwoch sagten wir mit der Schweizer Jugend-Schnellschachmeisterschaft in Ittigen und dem Quali-Turnier in Payerne die beiden ersten Verbandsanlässe wegen der Corona-Krise ab. Es war dies wohl einer der denkwürdigsten Tage in der Geschichte des Schweizer Schachs.

Für die beiden Anlässe wurden am 15. und 28. März auf Ihre Initiative hin zwei Online-Juniorenturniere angesetzt, die 88 und 93 Spieler(innen) am Start sahen.

Daran wiederum habe ich natürlich eine gute Erinnerung. Ich befand mich beruflich ja selber im Lockdown, habe rein spasseshalber mal auf Jimdo eine Website für die Jugend-Onlineturniere kreiert und ausprobiert, was man alles machen kann. So bin ich vertieft in die Online-Welt hineingerutscht und habe das als kreative Woche erlebt. Dass dann nach den eher tristen ersten Tagen der Corona-Krise so viele Nachwuchsspieler(innen) bei unseren beiden virtuellen Turnieren mitgespielt haben, hat mich natürlich ungemein gefreut.

Hatten Sie bei den beiden ersten Turnierabsagen am 4. März so etwas wie eine leise Vorahnung, dass dies der Beginn eines mehrmonatigen Schach-Lockdowns sein würde, dem auch die Schweizerische Mannschaftsmeisterschaft und die Schweizer Einzelmeisterschaften in Flims zum Opfer fallen würden?

Ich war Ende Februar noch in den Skiferien und freute mich auf die vom 2. bis 4. März angesetzte Basler Fasnacht, für die das Schweizer Fernsehen auf dem Balkon unserer Büroräumlichkeiten in Basel jeweils eine Kamera installiert. Als erst die Basler Fasnacht abgesagt wurde und dann der Bundesrat die Bestimmungen für den Lockdown verkündete, war mir schon bewusst, dass dies auch den Schachsport treffen würde…

…worauf der Schweizerische Schachbund gefordert war.

Wir haben mit einer rollenden Planung und mit bis heute nahezu 100 News-Artikeln zum Thema Corona und Online auf der SSB-Homepage auf diese aussergewöhnliche Situation reagiert. Mit der Schweizer Schnellschachmeisterschaft, dem Quali-Turnier in Payerne und der Schweizerischen Jugend-Mannschaftsmeisterschaft haben wir erst drei Nachwuchsturniere abgesagt, danach die ersten Online-Turniere angesetzt und später weitere SSB-Anlässe abgesagt.

Am gleichen Tag, an dem der SSB die Absage der beiden Jugendturniere bekanntgab, wurde auch gleich schon das erste Online-Turnier angekündigt. Sie gelten als deren «spiritus rector» und waren danach auch bei weiteren Internet-Turnieren federführend, so dass man Sie mit Fug und Recht als Schweizer «Online-Papst» bezeichnen kann. Warum kamen just Sie auf die Idee mit den Online-Turnieren?

Mir ist schnell klargeworden, dass wir Schachspieler während des Corona-Lockdowns quasi in einer privilegierten Situation sind und im Gegensatz zu anderen Sportlern die einmalige Möglichkeit haben, Wettkämpfe auch online austragen zu können. Gerade für kleinere Schachvereine wie meinen Stammklub Muttenz ist es wichtig, den Mitgliedern wenigstens ansatzweise eine Alternative für die ausgefallenen Klubabende zu bieten. Und damit wir als kleiner Verein während eines Online-Abendturniers nicht mehrmals gegen die gleichen Gegner spielen, kamen wir auf die Idee, mit Baden, Chur und Lenzburg einmal pro Woche einen gemeinsamen Online-Klubabend zu organisieren.

Lesen Sie das komplette Interview in «SSZ» 4/20!

 

André Vögtlin: «Mir ist schnell klargeworden, dass wir Schachspieler während des Corona-Lockdowns quasi in einer privilegierten Situation sind und im Gegensatz zu anderen Sportlern die einmalige Möglichkeit haben, Wettkämpfe auch online austragen zu können.»