Interview

Interview mit Peter A. Wyss: «Ein ‘Back to normal’ wird es nicht geben – vielmehr entsteht eine neue Normalität»

An der virtuellen Delegiertenversammlung des Schweizerischen Schachbundes vom 19. Juni verabschiedet sich Peter A. Wyss als Zentralpräsident, weil die SSB-Statuten eine maximale Amtszeit von sechs Jahren vorsehen. Im Gespräch mit «SSZ»-Chefredaktor Markus Angst zieht der 67-jährige Churer eine Bilanz seines Wirkens an der Verbandsspitze.

«SSZ»: Welche drei Adjektive kommen Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie an die letzten 15 – ganz im Zeichen der Corona-Pandemie stehenden – Monate Ihrer Amtszeit denken? 

Peter A. Wyss (scheidender SSB-Zentralpräsident): herausfordernd, teamfördernd, Queen’s Gambit-ig. 

Sie haben am 28. März 2020 in Ihrem erstem ersten «Corona-Interview» auf der SSB-Website in Anspielung auf den bekannten Schweizer Schriftsteller Max Frisch gesagt: «Eine Krise kann ein kreativer und produktiver Prozess werden, wenn man ihr den Beigeschmack der Katastrophe nimmt.» Inwiefern ist aus der Pandemie fürs Schweizer Schach der von Ihnen angesprochene kreative und produktive Prozess geworden? 

In meiner Antrittsrede als frisch gewählter Zentralpräsident führte ich diese drei Argumente für das Schach an: Wir sind ein Ganz-Jahres-Sport, wir sind ein Lebenssport, und wir sind ein Generationen-Sport. Heute kann ich ergänzen: Wir sind auch ein Online-Sport! «Gens una sumus» – der Wahlspruch des Weltschachbunds FIDE – wurde wegen der Corona-Pandemie zur gelebten Realität. Zu jeder Tages- und Nachtzeit kann jedermann und jedefrau auf verschiedensten Plattformen nach Lust und Laune frei oder Turniere spielen, sich weiterbilden oder kommentierte Partien verfolgen. Das Turnierangebot der FIDE und der Europäischen Schachunion ECU war noch nie so gross.

Aber auch in der Schweiz ist das Online-Angebot riesig.

Ja klar, und wir boten auf Stufe Verband neue Turnierformate wie die Schweizer Online-Blitz- und Rapidmeisterschaft, Schulungsangebote mit «Masterclass» und «Legenden» sowie spannende Unterhaltung mit «Invités spécials» an. Vereine und private Turnierorganisatoren initiierten interessante neue Turnier- und Trainingsformen. Stellvertretend für alle führe ich das sehr erfolgreiche Format Swiss Team Battle an. Doch lassen wir uns nicht täuschen. Wenn Schachinteressierte zu Online-Spielenden werden, sind sie noch nicht Mitglieder eines Schachklubs. Unsere Sektionen kämpfen derzeit mit den Nachteilen der Corona-Situation: geschlossene Schulen, Altersheime und Restaurants bedeuten kein Spielen am Brett. Das wird von unseren Mitgliedern echt vermisst. Nur ein kleiner Teil von ihnen ist online aktiv. «Zurück ans Brett» heisst auch, schmerzlich vermisste soziale Kontakte wieder zu pflegen.

Aktuell befinden wir uns in der dritten Corona-Welle. Wie zuversichtlich sind Sie, dass wir angesichts der auf Hochtouren laufenden Impfkampagne in der zweiten Jahreshälfte langsam, aber sicher auch schachlich wieder zurück zur Normalität finden werden?

Wie in meinem letzten Jahresbericht erwähnt, bin ich überzeugt, dass es ein «Back to normal» nicht geben wird. Vielmehr entsteht eine neue Normalität. Ich bin sicher, dass wir – und damit meine ich die Gesellschaft – lernen werden, mit Corona zu leben. Das Impfen ist wahrscheinlich der wichtigste Teil in diesem Prozess.

Lesen Sie das komplette Interview mit Peter A. Wyss in «SSZ» 3/21!

Peter A. Wyss: «’Gens una sumus’ – der Wahlspruch des Weltschachbunds FIDE – wurde wegen der Corona-Pandemie zur gelebten Realität.»