Monatsinterview mit WGM Monika Müller-Seps – «In diesem Sommer wird sich ein Traum erfüllen»

von Kurt Gretener (Kommentare: 0)

WGM Monika Müller-Seps: «Es ist zwar ein Klischee, aber das analytische Denken wird eher Jungs als Mädchen zugeschrieben, und so wird dies bei Mädchen auch weniger gefördert.»

kg - Monika Müller-Seps ist seit Jahren das Aushängeschild des Schweizer Damenschachs. Sie feiert in wenigen Tagen ihren 31. Geburtstag und ist fünffache Schweizer Einzelmeisterin. Den ersten Titel errang sie bereits im zarten Alter von 15 Jahren. Seit 2014 trägt sie zudem den Titel der Frauengrossmeisterin (WGM). Sie ist verheiratet und arbeitet als Head of Product Management im Rehabilitationsbereich.

Welche Schachfigur spiegelt Ihren Charakter am besten wider und weshalb?

Der Springer. Dieser strebt wie ich immer nach Aktivität und ist für Überraschungen gut.

Welche Person(en) hat (haben) Sie am meisten geprägt? In schachlicher Hinsicht?

Schachlich haben mich meine erste Trainerin Shahanah Schmid und mein aktueller Trainer Werner Hug am meisten geprägt. Shahanah hatte einen wesentlichen Anteil daran, dass ich heute noch Freude am Schach habe. Dank Werner konnte ich mein Schachverständnis grundlegend erweitern, und er hat massgeblich zu meinem WGM-Titel beigetragen. Privat gibt es einige Personen, die mich geprägt haben – am stärksten sicherlich meine Eltern und mein Mann.

Welche Rolle spielt Schach in Ihrem Leben?

Schach ist meine Leidenschaft. Auch wenn ich heute neben meinem Beruf nicht mehr so viel Zeit fürs Schach habe, fasziniert mich Schach nach wie vor und ich freue mich über jede Partie, die ich spielen kann.

Wie erklären Sie einem Laien die Faszination des Schachspiels?

Schach ist ein Spiel fürs Leben. Es schult das analytische und logische Denken und lehrt einem durch den Wettkampfcharakter viele wichtige Eigenschaften, wie Ehrgeiz und verlieren können. Die unglaubliche Anzahl an verschiedenen Möglichkeiten macht es besonders spannend – man hat nie ausgelernt!

Der Schweizerische Schachbund leidet seit Jahren an einem Mitgliederschwund – mit welchen Massnahmen würden Sie diesen Trend stoppen?

Ich würde besonders ins Breitenschach investieren, beispielsweise mit verschiedenen Schulschachinitiativen. Generell glaube ich, dass Schach aktuell populärer ist als noch vor einigen Jahren – unter anderem, weil wir mit Magnus Carlsen einen jungen Weltmeister haben, der über Schachkreise hinaus bekannt ist und viele junge Spieler inspiriert. Dieses Momentum muss man meiner Meinung nach nutzen und beispielsweise erfolgreiche Schweizer Nachwuchsspieler gezielt für die Vermarktung von Schach einsetzen. Ebenso würde ich das Mädchen- und Frauenschach fördern und Senioren stärker ansprechen, um ihre Begeisterung fürs Schach zu wecken.

Warum gibt es so wenig schachspielende Frauen?

Dies werde ich oft gefragt… Ich denke, es hat vor allem damit zu tun, dass Eltern einem Jungen eher logische Denkspiele wie Schach beibringen als einem Mädchen. Es ist zwar ein Klischee, aber das analytische Denken wird eher Jungs als Mädchen zugeschrieben, und so wird dies bei Mädchen auch weniger gefördert. Im Spitzenschach gibt es noch weniger Frauen als im Amateurbereich, dies liegt glaube ich auch daran, dass man sich als Profi sehr intensiv mit Schach beschäftigen muss, und Frauen sind eher weniger bereit, sich nur auf eine Sache zu fokussieren.

Was und wann haben Sie zuletzt neu erlernt?

Vor Weihnachten habe ich erstmals seit meiner Kindheit mit meinen Eltern wieder tschechische Weihnachtsguetzli gemacht. Ich glaube generell vergeht aber kein Tag, an dem ich nichts Neues lernen würde...

Für was können Sie sich begeistern?

Ich kann mich für Vieles begeistern: Für meine Familie und meine Freunde, für meine Arbeit im Rehabilitations-Bereich, für Reisen und die Natur und natürlich fürs Schach.

Was stört Sie in der Schweiz? Was würden Sie ändern, wenn Sie könnten?

Ich lebe sehr gerne in der Schweiz und achte viel mehr auf die positiven als auf die negativen Sachen. Wenn ich etwas ändern könnte, wäre dies das «Bünzlitum».

Welche Länder/Orte haben Sie bereist, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben – und warum?

Ich habe schon fast 40 Länder bereist – nicht zuletzt dank vieler internationaler Turniere. Dabei haben einige Orte einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zuletzt war ich mit meinem Mann in Madagaskar. Das war sehr faszinierend – einerseits aufgrund der vielfältigen Natur und andererseits war es extrem eindrücklich zu sehen, wie freundlich und glücklich die Menschen sind, obwohl sie sehr arm sind.

Welchen Traum würden Sie sich gerne noch erfüllen?

Es war immer ein Wunsch von mir, eines Tages eine Familie zu haben. Da wir im Sommer das erste Mal Eltern werden, wird dieser Traum schon bald Realität.

Abschliessende Frage: Sie arbeiten in der Privatwirtschaft und leiten ein Team von fünf Personen. Googeln Sie Bewerber, bevor Sie diese zu einem Bewerbungsgespräch einladen, und auf welche Charaktereigenschaften und fachlichen Qualitäten achten Sie in einem Interview besonders?

Ich bevorzuge es, mir einen persönlichen Eindruck zu machen und verzichte daher darauf, Kandidaten vor dem Bewerbungsgespräch zu googeln. Ich achte besonders auf Charaktereigenschaften wie Begeisterungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Offenheit. Der Charakter und dass die neue Person ins Team passt ist für mich auch wichtiger als die fachlichen Qualitäten – da kann man sich einiges auch im Job aneignen. Idealerweise bringt jedoch ein Kandidat auch die passenden Qualifikationen mit.

Porträt von Monika Müller-Seps

Geburtsdatum: 22. Februar 1986.

Wohnort: Steinmaur.

Beruf: Head of Product Management, Master-Abschluss als Neuroinformatikerin an der ETH Zürich.

Titel: Frauengrossmeisterin (seit 2014).

Grösste Erfolge: Schweizer Meisterin 2001, 2002, 2005, 2007, 2012, Schweizer Mannschaftsmeisterin 2016 (mit Zürich), 3 WIM-Normen 2005 innert 3 Monaten (Schweizer Einzelmeisterschaft, Young Masters Lausanne, Jungmeisterturnier Zug), 2013 1. WGM-Norm an der Mannschafts-Europameisterschaft in Warschau, 2014 2./3. (doppelt zählende) WGM-Norm an der Olympiade in Tromsö, 7. Rang U14-Europameisterschaft 2000.

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