SGM/SMM/SEM: weitere Entwicklung abwarten – SJMM-Saison wird abgebrochen

von Markus Angst

SSB-Zentralpräsident Peter A. Wyss: «Eine Krise kann ein kreativer und produktiver Prozess werden, wenn man ihr den Beigeschmack der Katastrophe nimmt.»

ma - An seiner gestrigen online abgehaltenen Sitzung befasste sich der Zentralvorstand (ZV) des Schweizerischen Schachbundes (SSB) insbesondere mit den Auswirkungen des Corona-Virus auf den weiteren Verlauf der Verbandsturniere. Grundtenor: Mit Ausnahme der Schweizerischen Jugend-Mannschaftsmeisterschaft (SJMM), deren laufende Saison abgebrochenen wird, sollen alle SSB-Anlässe im weiteren Verlauf des Jahres wenn immer möglich stattfinden.

SSB-Mediensprecher Markus Angst befragte SSB-Zentralpräsident Peter A. Wyss nach der Sitzung zu den wichtigsten ZV-Entscheiden.

Ist es angesichts der aktuellen Unsicherheiten überhaupt möglich, realistische Entscheidungen bezüglich des weiteren Verlaufs von SSB-Turnieren in diesem turbulenten Jahr zu fällen?

Tatsächlich sind wir stark von externen Faktoren abhängig. In erster Linie natürlich von den Behörden auf Bundes- und kantonaler, aber auch auf kommunaler Ebene, wenn es beispielsweise darum geht, ob Altersheime weiterhin für den Spielbetrieb zur Verfügung zu stehen. Dazu kommen Turnierverschiebungen des Weltschachverbands FIDE und der Europäischen Schachunion ECU, die zu einem grossen Terminstau in der zweiten Jahreshälfte führen werden. Trotzdem sehen wir es als unsere Aufgabe an, den weiteren Verlauf der SSB-Turniere zumindest provisorisch zu planen und halten Sie weiterhin zeitnah auf dem Laufenden.

Neben der auf 14. Juni verschobenen Schweizerischen Jugend-Schnellschachmeisterschaft in Ittigen und dem Quali-Turnier in Payerne hatte der SSB als erstes die 7. Runde der Schweizerischen Gruppenmeisterschaft abgesagt. Wie sieht der weitere Verlauf der SGM nach Planung des ZV aus?

Wir wollen die SGM aus sportlichen Gründen wenn immer möglich fertig spielen. Wann die 7. Runde und die Aufstiegsspiele stattfinden, ist allerdings noch offen.

Abgesagt wurden auch die beiden ersten Runden der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft (SMM). Wie sieht hier die Situation aus?

Es ist unser Ziel, die SMM mit neu angesetzten Rundenterminen in der zweiten Jahreshälfte über die Bühne zu bringen. Allerdings wäre es unseriös, jetzt schon neue Daten anzusetzen. Wir warten insbesondere den für Mitte April angekündigten nächsten bundesrätlichen Entscheid bezüglich Veranstaltungen ab. Das Gleiche gilt auch für den Team-Cup. Dessen 1. Runde vom 5. Mai ist definitiv abgesagt und auf den 30. August verschoben.

Neben den drei Mannschaftsturnieren organisiert der SSB mit den Schweizer Einzelmeisterschaften (SEM) und dem Bundesturnier auch zwei grosse Einzelturniere. Wie sehen Sie die beiden Grossanlässe gemäss Stand heute?

Bezüglich der vom 9. bis 17. Juli in Flims angesetzten SEM läuft unsere Planung weiter, wie wenn sie stattfinden würde. Den definitiven Entscheid über die Durchführung oder Absage fällen wir Anfang Juni. Die SEM wird in der in zehn Tagen erscheinenden «Schweizerischen Schachzeitung» 2/20 ausgeschrieben. Ich rufe alle Spieler(innen), die in Flims zu spielen gedenken, auf, nicht abzuwarten, sondern sich umgehend anzumelden. So bewirken wir einen positiven Effekt bei den laufend aktualisierten Startranglisten. Die Hotels können zum jetzigen Zeitpunkt gebucht und im Falle einer SEM-Absage Anfang Juni kostenlos wieder storniert werden. Was das Bundesturnier in Luzern betrifft, haben wir dessen Verschiebung von Ende Mai auf den 29. Oktober bis 1. November bereits auf unserer Verbands-Homepage kommuniziert.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Jugendturniere?

Die laufende Saison der Schweizerischen Jugend-Mannschaftsmeisterschaft (SJMM), deren erste zwei Runden bereits gespielt sind, wird abgebrochen. Es gibt 2020 keinen Meister sowie keine Auf- und Absteiger. Die zwölf Nationalliga-A-Teams bestreiten am 13. Juni parallel zur SSB-Delegiertenversammlung im Haus des Sports in Ittigen ein Mannschafts-Rapid-Turnier. Anstelle des abgesagten Quali-Turniers in Payerne, das am kommenden Wochenende hätte stattfinden sollen, wird am nächsten Samstag um 9.30 Uhr ein Online-Rapid-Turnier angeboten. Dessen Details finden Sie bereits in der Rubrik Jugendschach auf unserer Verbands-Homepage. Was die vom 1. bis 3. Mai in Solothurn geplante Schweizer Mädchenmeisterschaft U10/U12/U14/U16 und das vom 29. Mai bis 1. Juni in Olten angesetzte Finalturnier der Schweizer Meisterschaft U10/U12/U14/U16 anbelangt, warten wir die weiteren Entscheide des Bundesrats ab.

In diesem Jahr hätte der SSB den Mitropa-Cup organisieren sollen. Der für Mai in Davos geplante Termin wurde jedoch abgesagt. Findet das Zehn-Nationen-Turnier in diesem Jahr noch statt?

Wir hatten eigentlich geplant, den Mitropa-Cup Anfang Oktober auszutragen. Wegen Terminkollisionen mit anderen internationalen Turnieren ist das jedoch nicht möglich. Deshalb tendieren wir darauf, ihn auf 2021 zu verschieben und suchen hierfür den Kontakt mit den anderen Nationen.

Sie haben vorhin die SSB-Delegiertenversammlung erwähnt. Laufen deren Vorbereitungen wie gewohnt?

Ja, wir erledigen im ZV alle Arbeiten so, wie wenn die DV stattfinden würde. So gilt insbesondere der Termin 13. April für das Einreichen allfälliger Anträge weiterhin.

Sehen Sie in der aktuellen Krise auch eine Chance für den Schachsport?

Frei nach Max Frisch glaube ich, dass eine Krise ein kreativer und produktiver Prozess werden kann, wenn man ihr den Beigeschmack der Katastrophe nimmt. So haben wir Schachspieler im Gegensatz zu allen anderen Sportarten die einmalige Möglichkeit, unseren Sport auch online auszuüben. Ich habe deshalb mit Freude festgestellt, dass in den vergangenen Tagen diverse Klubs Online-Turniere angeboten haben und zahlreiche weitere geplant und bereits angesetzt sind. So habe ich selber beispielsweise vorgestern Freitagabend an einem vom Schachklub Muttenz angebotenen Online-Turnier mitgespielt. Auch Schulungen können über Online-Tools angeboten werden. Oft wird das Internet von den Schachklubs ja als Konkurrenz empfunden. Aber in der aktuellen Situation birgt es ein ausgezeichnetes Potenzial, statt am Brett im World Wide Web zu spielen oder das aktuelle Kandidatenturnier in Jekaterinburg live zu verfolgen. Wir alle haben nun plötzlich viel mehr Zeit – nutzen wir sie, um wieder mal in ein Schachbuch zu schauen und Eröffnungen oder Endspiele zu studieren.

Lesen Sie mehr über die Verbreitung des Corona-Virus in der Schweiz auf der Website des Bundesamts für Gesundheit: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home.html

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