Scuola Scacchi Collegio Papio – ein Tessiner Schachschule-Erfolgsmodell feiert sein 10-Jahr-Jubiläum

von Markus Angst

Das Alter der in der Scuola Scacchi Collegio Papio unterrichteten Kinder liegt zwischen 5 und 17 Jahren.

ma - Seit zehn Jahren gibt es in Ascona die Scuola Scacchi Collegio Papio. Am 10. Juli feiert sie ihren runden Geburtstag mit einem grossen Jugendturnier. Wir sprachen mit Gründer und Trainer Silverio De Marchi (73) über die Gründe des Erfolgs der Tessiner Schachschule.

In der Deutschschweiz kennt man Die Schulschachprofis, Chess4Kids, die Schachschule Markus Regez und die ChessMates Zugerland – in der Romandie die Ecole d'Echecs de la Broye, die Ecole d'Echecs Genève sowie die Ecole Garde du Roi und die mit ihr assoziierte Chess School Prunescu. Doch auch im Tessin gibt es mit der Scuola Scacchi Collegio Papio (SSCP) seit einem Jahrzehnt eine erfolgreich geführte private Schachschule.

Die SSCP entstand aus einem Bottom-up-Modell. Nach seiner Pensionierung wurde Silverio De Marchi 2010 von einem ehemaligen Arbeitskollegen kontaktiert, der eine neunjährige Tochter hatte, die unbedingt Schach lernen wollte. «Er fragte mich, ob ich bereit wäre, sie zu unterrichten. Er stellte sie mir vor, und ich stimmte zu. Sie folgte dem Unterricht mit grosser Begeisterung und Interesse – und innerhalb kurzer Zeit fragten mich ihre Mitschüler, ob ich ihnen das Spiel ebenfalls beibringen könne.»

Seit 2016 offiziell ein Verein

Silverio De Marchi fragte den Rektor des Collegio Papio, ob er ihm am Mittwochnachmittag ein Klassenzimmer für den Unterricht zur Verfügung stellen könnte. So wurde 2011 die Scuola Scacchi Collegio Papio spontan und inoffiziell gegründet. «Da die Schule Jahr für Jahr wegen der wachsenden Zahl von Schülern und Schülerinnen stetig grösser und wichtiger wurde», so Silverio De Marchi, «beschlossen wir 2016, formell einen Verein mit Statuten und Mitgliedschaft beim Schweizerischen Schachbund zu gründen.»

Die Vereinsstruktur wurde mit einem dreiköpfigen Vorstand bewusst schlank gehalten. Silverio De Marchi übernahm die Ämter des Kassiers, Sekretärs und Trainers. Ausserdem ist er Bezugsperson für alles, was den Unterricht und den Kontakt mit Eltern und Schülern betrifft. Don Patrizio Foletti (Rektor des Kollegiums) wurde Präsident, Mike Walzer Beisitzer und Trainer. Alle drei sind auch fünf Jahre später noch dabei und vertreten laut Silverio De Marchi eine simple Idee: «Wir wollen jungen Menschen dieses wunderbare Spiel beizubringen.»

Von 5 bis 17 Jahren

Das Alter der Schachschüler(innen) reicht von 5 bis 17 Jahren. Sie kommen hauptsächlich aus den Tälern Locarno und Maggia. Da Ascona nicht weit von der Grenze zum Piemont liegt, hat die SSCP auch einige Schüler aus Cannobio, Cannero und Verbania – auch weil es in diesen Orten keinen Schachklub oder keine Schule gibt.

Die SSCP finanziert sich ausschliesslich aus den Unterrichtsgebühren der aktuell 18 Schüler(innen) – 120 Franken pro Semester. «Wir erhalten von keiner Seite finanzielle Unterstützung – ausser vom Tessiner Schachverband, wenn unsere Schüler(innen) an einigen Turnieren teilnehmen – und wir Trainer arbeiten unentgeltlich», unterstreicht Silverio De Marchi.

Die Aktivitäten der Scuola Scacchi Collegio Papio sind äusserst vielfältig und stehen denjenigen der bekannten Schachschulen in der Deutschschweiz und in der Romandie in nichts nach: Unterricht, Kurse, interne Turniere, Begleitung zu Turnieren, Sommercamps, Online-Unterricht, Video-Unterricht auf der Zoom-Plattform und einiges mehr.

Training und Unterricht finden jeweils am Mittwochnachmittag statt – von 13.30 bis 15.15 Uhr für Anfänger und von 15.15 bis 18 Uhr für Fortgeschrittene. Die Hauptlast trägt Silverio De Marchi, da Mike Walzer als Bauunternehmer in einer Baufirma mit 15 Mitarbeitern arbeitet und beruflich oft unabkömmlich ist. «Er leistet aber», so der 73-jährige Rentner, der auch Mitglied des Schachklub Bellinzona ist, «wertvolle Arbeit hinter den Kulissen.»

Attraktive Schach-Module

Zusätzlich zu den Kursen und Trainingseinheiten am Mittwochnachmittag bietet die SSCP wöchentlich weitere interessante Schach-Module an – so Online-Turniere auf der Lichess-Plattform und (ebenfalls auf Lichess) Themen-Turniere zu bestimmten Eröffnungen. «In der Regel werden dann in den Mittwochsstunden einige der gespielten Partien kommentiert», so Silverio De Marchi. «Während der Pandemie schickten wir Kommentare zu den Spielen als Videolektionen auf der Zoom-Plattform an die Schüler.»

Zu den Höhepunkten des Jahres gehört jeweils das von etwa zehn Schüler(inne)n besuchte einwöchige Sommer-Schachcamp im Garten des Hauses des rüstigen Rentners.

Vorschlag an den Kanton: Schach als Freifach

Während die Beziehungen zu den anderen Tessiner Vereinen und zum Tessiner Schachverband nicht ganz störungsfrei sind, arbeitet die SSCP seit einigen Jahren gemeinsam mit Claudio Boschettis Swisschesstour für die Veranstaltung des Jugendturniers im Albergo Ascona zusammen. Und sie pflegt pflegt die SSCP gute Kontakte zu DSSP, Chess4Kids und zur Schachschule Markus Regez. So wurde 2016 in Zusammenarbeit mit Chess4Kids und deren beiden Trainern GM Imre Héra und Milos Milovanovic ein einwöchiges Camp an der SSCP organisiert. Silverio De Marchi plädiert deshalb dafür, eine Vereinigung der Schweizer Schachschulen zu bilden, «um unsere Lehrmethoden und -systeme zu verbessern und unsere Erfahrungen auszutauschen.»

In geringfügigem Rahmen arbeitet die Scuola Scacchi Collegio Papio auch mit «normalen» Schulen zusammen. «Von Zeit zu Zeit erhalten wir einige Vorschläge für ausserschulische Aktivitäten», so Silverio De Marchi. «Und im vergangenen Herbst unterbreiteten wir dem kantonalen Erziehungsdepartement einen Vorschlag, Schach als Freifach in der Primar- und/oder Sekundarschule einzuführen.»

Jubiläums-Jugendturnier am 10. Juli

Ihr 10-Jahr-Jubiläum feiert die SSCP am 10. Juli im gemütlichen Balint-Saal des historischen Albergo Monte Verità in Ascona mit der Trofeo Monte Verità, natürlich einem Jugendturnier. Zudem soll – «wenn auch noch in einem embryonalen Zustand» (Silverio De Marchi» – bis Ende Juni die eigene Website online gehen.

Und wie sieht Silverio De Marchi die nächsten zehn Jahre der Scuola Scacchi Collegio Papio? «Nicht viel anders als in der Vergangenheit oder Gegenwart. Die einzige Sorge ist mein Alter. Nächstes Jahr werde ich 75, und ich hoffe, dass in Zukunft jemand anders die Zügel des Vereins übernehmen kann, damit wir unserer Schule Kontinuität geben können.»

Scuola Scacchi Collegio Papio auf You Tube 

https://www.youtube.com/watch?v=30lwQoHf0Jw

https://www.youtube.com/watch?v=13yiDBbWT3A

Links zu den wichtigsten Schweizer Schachschulen

Scuola Scacchi Collegio Papio

Chess4Kids

Die Schulschachprofis

Schachschule Markus Regez

ChessMates Zugerland

Ecole d'échecs de la Broye

Ecole d'échecs Genève

Ecole La Garde du Roi

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