Monatsinterview mit IM Oliver Kurmann: «In zwei Jahren werde ich Grossmeister sein…»

a cura di Markus Angst

IM Oliver Kurmann: «Seit ich mir im Jahr 2016 neben der Arbeit bewusst einen Tag pro Woche fürs eigene Training einräume, spüre ich wieder kleine, aber nachhaltige Fortschritte.»

ma - Monatsinterview mit IM Oliver Kurmann: «In zwei Jahren werde ich Grossmeister sein…»

Der 32-jährige Oliver Kurmann studierte Jura an der Uni Luzern, ist verheiratet, arbeitet als Juristischer Mitarbeiter für die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Obwalden und ist Mitglied des Herren A-Kaders.

Eine «leichte» Einstiegsfrage: Wann werden Sie Grossmeister respektive was fehlt Ihnen noch dazu?

In spätestens zwei Jahren werde ich Grossmeister sein. Klingt nicht gerade bescheiden, aber ich formuliere es so für den Ansporn. Seit ich mir im Jahr 2016 neben der Arbeit bewusst einen Tag pro Woche fürs Schachtraining einräume, spüre ich wieder kleine, aber nachhaltige Fortschritte.

Schach spielt in ihrem Leben offensichtlich eine grosse Rolle. Was würden Sie tun, wenn Sie auf Schach verzichten müssten?

Ganz verzichten? Unvorstellbar. Ich liebe die sportliche und spielerische Challenge und würde wohl einen Schach-Ersatz suchen, der aber nie an die Emotionen im Schach herankommen könnte.

Welche Person(en) hat (haben) Sie am meisten geprägt? In schachlicher Hinsicht?

Im Privaten wie im Schachlichen hat mich sicherlich mein Vater geprägt. Er hatte im Direktduell zwar sehr bald keine Chance mehr, aber er unterstützte mich so gut er es konnte und brachte mir die richtige Einstellung bei, um schon als Jugendlicher in einem Sport gleichzeitig Freude und Erfolg haben zu können. Leider ist er vor einem Jahr verstorben. Rein schachlich haben mich meine Trainer zu Jugendzeiten, IM Olivier Moor und später GM Rustem Dautow, positiv geprägt. Olivier Moor hat mich aus reiner Freude zum Schachspiel trainiert, nie mehr vergessen werde ich sein Mantra «Schach- und Schlagzüge» in taktischen Stellungen. Rustem Dautow hat mir einen Einblick in die sowjetische Schachschule gegeben. Dank ihm habe ich begonnen, Endspiele besser zu verstehen und sogar zu mögen. Zudem weckte er bei mir die Faszination von praxisnahen Studien, beispielsweise von Kubbel.

Wie erklären Sie einem Laien die Faszination des Schachspiels?

Ich teile Richard Forsters Auffassung: Schach ist wie Fussball, nur ohne Ball. Das Zitat stammt aber nicht von Podolski, sondern von mir (schmunzelt).

Der Schweizerische Schachbund leidet seit Jahren an einem Mitgliederschwund – mit welchen Massnahmen würden Sie diesen Trend stoppen?

Das Problem muss an der Wurzel angepackt werden. Einer der wichtigsten Schritte wäre daher die Förderung des Breitenschachs in Schulen. Ideal wäre es, Schach als Schulfach zu etablieren. Die Schülerinnen und Schüler sind die schachspielenden Frauen, Männer und Senioren von morgen und übermorgen!

Warum gibt es so wenig schachspielende Frauen?

Weil Frauen vielseitiger sind.

Was und wann haben Sie zuletzt neu erlernt?

Vor drei Tagen setzte ich mich zwangsläufig etwas vertiefter mit den Ursachen und Behandlungsmethoden bei Nackenstarre auseinander.

Für was können Sie sich begeistern?

Für das Verschwinden-Lassen der Bürobleiche mit angemessener Sonneneinstrahlung, für alle Sportarten mit einem Ball, Gesellschaftsspiele, feines Essen und einem guten (Kino-)Film. Nicht zuletzt dank des Einflusses meiner Frau könnte ich diese Liste mittlerweile mit kulturellen Aktivitäten erweitern. Als Ausgleich zu den kopflastigen Tätigkeiten bei der Arbeit und beim Schach belasse ich es aber bei den obigen eher einfacher gestrickten Aktivitäten.

Was stört Sie in der Schweiz? Was würden Sie ändern, wenn Sie könnten?

Generell erachte ich es als grosses Privileg, in der Schweiz zu leben. Selbstverständlich gibt es auch hier an allen Ecken und Enden Verbesserungsmöglichkeiten. Ich nehme ein Beispiel aus der Juristen-Branche: Bei der Wahl von Schweizer Richterinnen und Richter durch das Parlament ist die Parteizugehörigkeit entscheidend und nicht deren Fähigkeiten und Ausbildung. Faktisch fehlen zudem weisungsbefugte Vorgesetzte, die im Falle der Inkompetenz eingreifen könnten. Problematisch erscheint mir auch, dass die Richterinnen und Richter einen Teil ihres Gehalts an ihre Partei überweisen müssen. Dieses System müsste längst abgeschafft werden, nur wird das Parlament kein Interesse daran haben.

Welche Länder/Orte haben Sie bereist, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben – und warum?

Die Natur in Norwegen und Finnland im Winter war atemberaubend. Unvergesslich wird mir zudem die Universiade in Shenzhen sowie die anschliessende Rundreise in China bleiben. Die Gegensätze zum Westen waren faszinierend.

Welchen Traum würden Sie sich gerne noch erfüllen?

Kurzfristig ist der GM-Titel das Ziel, mittelfristig eine Safari sowie eine Reise nach Japan. «Lebens»fristig habe ich weitere Träume und Ziele, die ich aber für mich behalten möchte.

Abschliessende Frage: Welches Zitat beschreibt Sie am besten?

«Die Lösung liegt in der Mitte.» Es gibt natürlich Ausnahmen (zum Beispiel bin ich im Schach nicht gerne Mittelmass), aber in den meisten Lebensbereichen trifft dieser Satz auf mich zu, weshalb ich mich auch als relativ ausgeglichen einschätze.

Oliver Kurmann im Porträt

Geburtsdatum: 22. Februar 1985.

Wohnort: Luzern.

Beruf: Jurist.

Titel: Internationaler Meister (seit 2008).

Grösste Erfolge: Schweizer Meister U14 2001, Schweizer Juniorenmeister 2004, 1. GM-Norm am Politiken-Cup in Kopenhagen 2008, 2. GM-Norm in der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft 2012, Sieger Swiss Chess Open Luzern 2006, 2009.

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