Monatsinterview mit Alexander Schiendorfer – «Einen guten Job hast du gemacht, wenn dich 20 Jahre später auf der Strasse jemand anspricht: ‹Du warst doch mal mein Schachtrainer, war ’ne klasse Zeit›»

von Oliver Marti (Kommentare: 18)

Alexander Schiendorfer: Schach-Förderer aus Leidenschaft.

om - Alexander Schiendorfer hat mit seinem Engagement für den Schachsport etliche Meilensteine gesetzt. Allerdings nicht alleine, konnte der bekennende Fan des FC St. Gallen doch immer auf die Unterstützung und den Ansporn von Frauen wie Männern zählen, die die Ketten des Altbackenen zu sprengen wissen.

Wie sind Sie zum Schachspiel gekommen, und welche Rolle spielt Schach in Ihrem Leben?

Ein Freund brachte mir die Regeln bei, ein Lehrer verknurrte mich, einen Vortrag darüber zu halten. Dann kam ein selbstgefertigtes Schachbrett hinzu, und bald darauf landete ich im Klub. Ich habe dank dem Schach neue Freunde und interessante Menschen kennengelernt. Allen voran Kurt Späti. Ich freue mich auf das nächste Herrgöttli, das wir zusammen kippen. Mit dem Webshop www.spielezar.ch erwirtschaftet unsere Familie ihr Haupteinkommen. Der Shop basiert auf den Standbeinen Gesellschaftsspiele, Puzzle und Schach. Diese Splittung trifft es. Schach ist wichtig, letztlich aber nur ein Teil. Ich spiele gerne, schaue gerne zu, plaudere gerne darüber. Wichtiger sind mir aber die Menschen, die ich dabei kennenlerne. Plakativ ausgedrückt: Würde man Schach heute verbieten, würde ich wohl morgen die Fussballschuhe schnüren und an der Seitenlinie die verwaisten Schachkids coachen.

Welche Personen haben Sie privat und in schachlicher Hinsicht am meisten geprägt?

Meine ersten Protegés im SK Kaltbrunn waren Walter Tremp und Georg Scherrer. Walter chauffierte mich an manche Rapperswiler Meisterschaft, SMM usw. Georg war unser Rudelführer. Von ihm stammt das Zitat «Der Taktiker legt seine Angeln aus und versucht im Trüben zu fischen. Der Stratege pumpt das Wasser weg». Förderer hatte ich keine. Die würden auch jegliches Engagement aufgrund meiner durchschnittlichen Fähigkeiten (höchste ELO 1870) leugnen. Privat meine Mutter. Es war wohl ihre unglaubliche Kindheit, die ihr ein Löwenherz gab. Als Mutter, Politikerin und Autorin bewundere ich ihre stets ruhige und bescheidene Art.

Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial in der Schweizer Schachwelt und insbesondere beim Schweizer Schachbund?

Ich sehe grosse Fortschritte. Geschäftsstelle, Swiss Olympic, Weiterbildung, Lehrmittel, J+S und die vielen Kids, die aus Vereinen und Schachschulen die Szene bereichern. Man hat sich auf den Weg gemacht. Aktuell ist der U8-Turnieraufbau und der Einsitz in der Educational Commission der ECU durch Christine Zoppas begrüssenswert. Noch fehlt mir eine «unité de doctrine» im Trainerbereich. Mit vielen Kollegen arbeitet man mühelos zusammen. Wenn ich in unsere Region blicke, sehe ich beispielsweise einen selbstlosen Roland Burri, der Woche für Woche alles gibt. Im Tessin Giovanni Laube, in Payerne David Monnier. Die Liste liesse sich endlos erweitern. Es gibt aber Kollegen, die zu stark auf persönlichen Erfolg aus sind: Abwerben von Talenten, Nutzung von anderem Material als SSB-Lehrmittel und unrealistische Versprechen an Eltern. Das führt zu Unruhe und Frustrationen. So werden etwa Eltern gestresst, wenn sie bei einem Umzug/Klubwechsel mit einem anderen Lehrmittel in Berührung kommen oder aufgrund von Versprechen einfach zu viel Geld in die Schachkarriere ihrer Kids investieren. Diese verpuffte Energie gilt es umzulenken. Mit einem Label könnte der SSB gut geführte «Trainingsstützpunkte» auszeichnen und so die Entwicklung steuern.

Der Schachklub Solothurn entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem modernen Klub mit eigenem Lokal, einem gross ausgebautem Jugendtraining und ist auch sportlich auf Kurs. Was ist das Geheimnis dieser Erfolgsgeschichte?

Auf meine Frage an ein auch Tennis spielendes Mädchen, was es an Schach gegenüber Tennis bevorzuge, antwortete dieses: «Weisch, Alex, Tennis isch Einzelsport». Sie lobte damit treffend den schachlichen Teamgeist im Training, auf Reisen, in Lagern und an Turnieren. Solches Lob muss man sich immer wieder neu verdienen. Als wir unser Klublokal verloren, agierte unsere Präsidentin mutig nach dem Motto «Wir schaffen das». Ja, die Angela aus Deutschland hat sich das bei der Astrid aus Solothurn abgekupfert… Wichtig ist eine gute Grundstimmung. Die ermöglicht es, dass wir ein knappes Dutzend Trainer mit SSB-Diplom haben. Die stammen aus dem Nachwuchs, den Aktiven und Senioren. Es sind Väter und Mütter von Schachkids, Titelträger und einfache Spieler. Vor allem sind es aber Persönlichkeiten, die den Klub entwickeln und den Menschen etwas bieten wollen. Der Teamgeist im Nachwuchs inspirierte die erste Mannschaft, sich neue Ziele zu setzen, die im Cupsieg und Aufstieg in die Nationalliga A gipfelten. Zentral ist aber die Einsicht, dass wir Eltern, Kids, Sponsoren, Behördenmitglieder, Medienschaffende, Vereinskollegen usw. immer wieder von Neuem von unseren guten Absichten und der Schönheit des Spiels überzeugen müssen. Springt der Funke rüber, dreht die Aufwärtsspirale.

Über was für Eckpfeiler muss ein Schachverein verfügen, um in der heute schnelllebigen Zeit bestehen und vor allem wachsen zu können?

Ein Verein, der sich im Dschungel der Konkurrenz – damit meine ich nicht die schachliche – behaupten will, muss aus meiner Sicht wie ein KMU funktionieren. Am Anfang und im Zentrum steht ein motiviertes Team unter Ausschluss der GV-Plapperer: «Man sollte…, wer soll das bezahlen, ich habe es dann gesagt, wenn’s schief geht.»

1. One-Man-Shows sind Geschichte. Kleinklubs müssen sich Gedanken über Fusionen machen. Dabei gilt es eine Vision zu entwickeln und den Realisierungsplan den vorhandenen Möglichkeiten anzupassen.

2. Es schüttelt mich, wenn ich Spielsets sehe, die aus verschiedenen Figurensätzen zusammengestellt sind, Klublokale, in denen der Wind durch die Ritzen pfeift und es keinen Kaffee gibt. Wie soll sich ein Interessent zum Beitritt überwinden?

3. Spielen allein reicht nicht. Es muss ein Rahmenprogramm und sporadisch stufengerechte Trainingsangebote für Aktive nach SSB-Standard geben.

4. Informative und aktuelle Homepage, Flyer, Infowand, Medienpräsenz. Ein gelebter Prozess für Interessenten und Neueintritte sichert die optimale Betreuung.

5. Eine Nachwuchsgruppe mit Kontinuität, die es Kids ermöglicht, auf Augenhöhe an Turnieren anzutreten. Eltern als Partner betrachten und einen Plan entwickeln, wie man Schritt für Schritt die Jugend zu den Aktiven führt bzw. wie die Aktiven diese «abholen».

6. Der Klub muss zusätzliche Einnahmen generieren, zum Beispiel ein eigener Kiosk, Sponsoren, Märitstand. Nicht einfach Aufwand geteilt durch Mitglieder = Jahresbeitrag. Investitionen sind immer auf ihren Nutzen zu hinterfragen.

Warum gibt es aus Ihrer Sicht so wenig schachspielende Frauen?

Ich habe vier Schachsöhne, und meine Frau spielt immer noch nicht! Interessante Ideen wurden hier viele genannt. Inspirierend für mich sind Lena Georgescu und Regula Nobs. Mir fehlte bis anhin eine Verknüpfung zu MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Wir können deren Strategien weiterentwickeln und damit einen Mehrwert für Frauen generieren. Es braucht Frauen in leitenden Positionen. Wer hat in seinem Klub Erfahrungen mit Trainerinnen, Turnierleiterinnen, Präsidentinnen etc. gemacht? Ich bin gespannt auf die Rückmeldungen. Wir alle sind gefordert, das Terrain auf allen Ebenen vorzubereiten. Chancen vergibt man bei Müttern. Während im Fussball Väter bestimmen, ob ihr «Mini-Messi» schuttet, so sind es im Schach die Mütter. Eltern wollen mit ihren Kids gemeinsam etwas erleben. Treffend das Zitat von Annette Waaijenberg: «Viele denken, dass Maria (ihre Tochter) wegen mir mit Schach angefangen hat, dabei war es umgekehrt.» Bei uns im SKS heissen diese Mütter Olga, Christiane, Astrid… Wie Musik eignet sich Schach, damit Eltern sich ins Hobby ihrer Kids einbringen können. Aus Elternkursen entstehen Mitglieder, Sponsoren, Helfer usw. Stattdessen verbannen wir Eltern aus Turniersälen, reduzieren ihre Aufgabe auf das Ausfüllen von Einzahlungsscheinen und Fahrdienste. Wir vergessen, dass sie uns ihr höchstes Gut anvertrauen. Es sind zwar ehrbare Motive, denn wir wollen Schach gerechter machen. Aber verbarrikadieren der Saaltüren, wo führt das hin? Wenn im Turniersaal Husten nur erlaubt ist, wenn ein Arztzeugnis vorliegt, und das Dekolleté der Damen auf «nicht ablenkend» genormt ist, spielt niemand mehr Schach. Lang lebe die Dekolletéfreiheit!

Eine Ihrer nächsten Unternehmungen hat mit der Förderung von Mädchen im Breitenschach zu tun und ist damit schweizweit ein Leuchtturmprojekt. Erläutern Sie.

Unsere Vision ist eine regionale Förderung. Ziel ist es, den Frauenanteil dreimal höher werden zu lassen als im Landesschnitt. Das ist ambitiös, aber nicht unrealistisch. Es würde den Rahmen sprengen, das Konzept vorzustellen. Man darf es gerne anfordern. Drei Punkte seien angedeutet:

1. Schach steht vor denselben Herausforderungen wie MINT. Dort begeistert man die Mädchen im Vorschul- und Primaralter etwa an Praxismessen oder Klassenbesuchen. Vereine müssen Mädchen bereits in Kitas und Kindergärten begeistern. Nicht Minoritätsangriff und en passant, Prinzessinnen, Schlösser und Ponys sind die Argumente.

2. Mädchen suchen Freundschaften innerhalb ihres Hobbys. Wir müssen entsprechenden Spielraum schaffen. So bieten wir ein zusätzliches Mädchentraining an, wo die Girls aus unseren Mixgruppen und den Nachbarvereinen zusammengezogen werden. Das Ziel der Trainings, oder vielleicht besser der Events: Freundschaften eine Chance geben, damit sie entstehen und gepflegt werden können.

3. Schachkids haben Mütter, Schwestern, Freundinnen. Seit wir Ende 2018 still gestartet sind, haben sich drei Schwestern schachspielender Jungs dafür interessiert und zwei Mütter möchten das Spiel via Kurs näher kennenlernen. Trainerin Melissa Ortegon ist begeistert, die Mädchen haben Spass. Wir hoffen, dass die Nachbarvereine mitmachen und wir die Finanzierung sichern können.

Wenn man heutzutage in Zeitungen blickt, scheint sich aber eher ein Trend in nicht-geschlechtsgebundene Angebote und Produkte abzuzeichnen. Steuert Ihr Projekt diesem Trend nicht entgegen?

Ja, das ist tatsächlich so. Selbst die Toiletten werden früher oder später unisex. Kleider werden sich farblich angleichen usw. Das hat in vielen Bereichen seine Berechtigung. Alte Zöpfe werden gekappt. Man muss aber zwischen Gleichberechtigung und Gleichmacherei unterscheiden. Frauen werden in vielen Belangen benachteiligt. Männer gebären in absehbarer Zeit noch keine Kinder – hoffe ich zumindest. Deshalb darf es Platz für Mädchen- und Frauenförderung haben. Auf der anderen Seite: Erinnert sich jemand an Crystal Pepsi (farbloses Cola)? Dieses hätte in den 90er-Jahren einen Trend auslösen sollen. So gesehen ist es mir schlicht egal, ob unser Vorhaben einem Trend zuwiderläuft.

Welche Schachfigur spiegelt Ihren Charakter am besten wider und weshalb?

Der f-Bauer. Er steht nicht im Zentrum, ist nicht der ganz grosse Krieger. Aber er versucht Einfluss an wichtiger Stelle zu nehmen, kennt nur den Vorwärtsgang, schlägt zickig mal nach links mal nach rechts aus. Und oft steht er als tragische Figur an matchentscheidender Stelle.

Sie gelten als einer der massgebenden Schweizer Schach-Förderer. Haben Sie nebst dem vielversprechenden Mädchenschach-Projekt noch weitere Pfeile im Köcher?

Zu viel der Ehre. Es gibt viele Schachenthusiasten, die grösseres und nachhaltigeres geleistet haben. Ich falle evtl. auf, weil ich den Leitsatz «Tue Gutes und sprich darüber» konsequenter umsetze. Mit dem SKS möchten wir nochmals einen Schritt vorwärts machen. In Solothurn gibt es aktuell zwei Sportklassenangebote. Wir möchten diese Förderung künftig noch gezielter anbieten. Deshalb wollen wir als Verein Partner der Sport Academy Solothurn werden. Gelingt uns dies, können wir auf eine noch bessere Förderung unserer Talente hoffen. Dann feiere ich bald meinen Sechzigsten und trete als Trainer zurück. Ich freue mich auf die Neuausrichtung von Thomas Freiburghaus und Toni Meier. Sie bilden die neue Jugendleitung. Zuerst gönne ich mir eine Pause und konzentriere mich auf den beruflichen Endspurt. Anschliessend will ich in Alters- und Pflegheimen eine Seniorenförderung lancieren, die für Trainer und Senioren ein Genuss werden soll. Die Idee stiess bei informellen Gesprächen bei Pro Senectute, Stiftungen für das Alter und Alters- und Pflegeheimen offene Türen ein. Und, das tönt jetzt sehr berechnend: Die Finanzierung des Schweizer Schach lässt sich breiter auslegen, denn wo kommen Legate her?

Was haben Sie zuletzt neu erlernt, und wofür können Sie sich begeistern?

Gelernt habe ich, dass Gewicht relativ ist. Beim letzten Umzug meiner Söhne waren die 30 Kilogramm Schachteln deutlich schwerer als noch vor 10 Jahren… Für den nächsten Lebensabschnitt erfülle ich mir kleine Träume. Malen, Fahnenschwingen und Tanzen lernen, mit dem FC St. Gallen 1879 den dritten Titel feiern, Velotouren mit Glacepausen, Liebesfilme mit Hugh Grant und Balladen von Ronan Keating geniessen, TV-Fussballmatches mit mehr Stadionsound und etwas weniger Sascha Ruefer.

Ihre liebste Schach-Erinnerung oder -Anekdote.

Schach hat viel Schmunzelpotenzial, da gibt es einige. An einer SEM in Silvaplana geschah es, dass ein Klubkollege vormittags Windsurfing auf dem See genoss, um nachmittags die Schachrunde zu spielen. Grundsätzlich gibt es auf diesem Gewässer zwei Winde. Vormittags in die eine Richtung, nachmittags dreht er um 180 Grad. Eine Stunde um die Mittagszeit ist es windstill. Unser Kollege hatte sich an einem Tag verspätet, segelte aber trotzdem hinaus. Als es Zeit zur Umkehr war, setzte der Wind aus. An eine elegante Rückkehr ins Hafenbecken war nicht zu denken. Trotz intensivem Handpaddeln und Spurt ins Turnierlokal reichte es nicht mehr.

Was können jüngere Trainer von älteren Coaches noch lernen oder was zeichnet einen guten Coach aus?

Trainer werden exzellent auf ihre Aufgabe vorbereitet. Sie starten mit vollem Rucksack und viel Selbstvertrauen. Auf den ersten Blick haben die Grauen Panter nichts mehr hinzuzufügen. Ich spüre die Motivation, den Willen und den Ehrgeiz der Jungen. Logischerweise auch fehlende Erfahrung. Ein Jungtrainer hat einmal provokativ die Erfahrungsfrage so gestellt: «Was ist besser 20 Jahre lang eine Stunde oder ein Jahr lang 20 Stunden pro Woche Unterricht?» Mit Haut und Haaren würde ich mich für den Haudegen entscheiden. Er ist in dieser Zeit unzähligen Sponsoren nachgelaufen, hat manch verweinten Mutter einen Lebensrat erteilt, suchte neue Klublokale, sortierte Figuren, flickte Bretter usw. Er brachte Woche für Woche Schule/Job und Training unter einen Hut. Noch wichtiger, er verfügt über ein grosses Beziehungsnetz. Erfahrungen sind nicht nur eine Frage von Trainingseinheiten. Erlebtes muss sich setzen und sich mit anderen Gegebenheiten des Lebens verknüpfen. Ähnliche Frage: Wer ist erfolgreicher? Aber was ist Erfolg? Vielen Menschen das Spiel lehren? Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern? Oder auf was es oft reduziert wird: Podestplätze und ELO-Zahl. Egal was, man muss seine persönlichen Vorlieben zurückstecken, erkennen, wo ein Kind «seine» Ziele setzt, und es fördern und fordern, dass er/sie sich alleine positiv weiterentwickelt. Eine Prise mentaler Fähigkeiten und viel Humor darf dem Coach nicht abgehen. Schliesslich muss man «seine» Spieler ziehen lassen, wenn es soweit ist. Alles zielt darauf ab, sich entbehrlich zu machen. Einen guten Job hast du gemacht, wenn dich 20 Jahre später auf der Strasse jemand anspricht: «Du warst doch mal mein Schachtrainer, war ’ne klasse Zeit».

Welches ist Ihr grösster schachlicher Erfolg?

Eher eine Willensleistung (sorry Bruno) anlässlich der SEM gegen Bruno Saxer. 3½ Stunden dauerte das Kräftemessen, wogte auf und ab, und 45 Minuten die Analyse. Das Besondere: Ich spielte mit einer akuten Nierenkolik, nur schon davon zu erzählen, schmerzt. Anschliessend wurde ich ins Spital überführt und notfallmässig operiert.

… und Ihre grössten Erfolge in der Schacharbeit?

Ich bin stolz, mit dem SEM-Lager eine Tradition mitaufgebaut zu haben. Spannend war das Amt als Swiss-Olympic-Delegierter. Im Zentralvorstand erzählte ich von einer gewissen Dr. Johner, die eine Akademie aufbauen wollte. Ihre Vision und meine Begeisterung wurden im Plenum belächelt. Chess4Kids hat schliesslich neue Massstäbe gesetzt. Ich freue mich, einen Beitrag als Berater und erster Trainer geleistet zu haben. Noch heute fühle ich mich der Pionierin Bea Johner freundschaftlich verbunden. Symbolisch für die Jugendarbeit: Nach einer Siegerehrung nickt mir der Vater anerkennend zu. Seine Frau strahlt, der Schachsohn klemmt sich stolz die erspielte Toblerone unter den Arm, und seine Dreikäsehoch-Schwester gibt mir zum Abschied artig die Hand. Einige Meter weit kommt das Quartett, dann reisst sich die Kleine von der sicheren Mutterhand los, tänzelt zu mir zurück und umarmt mich. Ich sammle Emotionen, keine Podestplätze! Aber natürlich wünsche meinen Kids «viel Hashtag»!

Ein Buch, das Sie uns ans Herz legen möchten (es muss kein Schachbuch sein).

«The Peter principle» von Laurence J. Peter. Es geht um die These, dass in einer Hierarchie Menschen bei guten Leistungen befördert werden, bis sie auf die Stufe ihrer Unfähigkeit aufsteigen, und natürlich um Strategien, trotzdem glücklich zu werden. Es gehört zu den Klassikern der nordamerikanischen Managementliteratur. Albert Einstein formulierte es so: «Der Sinn des Lebens besteht nicht darin, ein erfolgreicher Mensch zu sein, sondern ein wertvoller.»

Porträt

Geburtsdatum: 21. September 1959
Wohnort: Biberist/SO
Beruf: Sicherheitsexperte

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@Szene Kommentar von @Szene |

Ein tolles Interview und einen Punkt, den man ziemlich bald aufgreifen sollte. Es gibt sehr viele Schachschulen, einige mit Konzept und einige als Geldmaschinen. Es wäre sehr begrüssenswert, wenn
Schulen geprüft würden. Wenn diese den Normen, welche zu beschreiben sind, entsprechen, würden diese Zertifiziert oder ein Gütesiegel erhalten.

Danke vielmals für die vielen Stunden , die alle für das Schach zur Förderung hergeben. Natürlich auch allen die diesem tollen Hobby fröhnen.

Alexander Schiendorfer Kommentar von Alexander Schiendorfer |

Danke für die Wortmeldung. Was könnten aus deiner Sicht die Rahmenbedingungen für ein Gütesiegel sein?

Astrid Hofer-Feller Kommentar von Astrid Hofer-Feller |

Danke für das tolle Interview.....ser schön das man noch etwas von den Spuren sieht ;-)

beer Kommentar von beer |

otium cum dignitate ???

Alexander Schiendorfer Kommentar von Alexander Schiendorfer |

Danke Astrid und den vielen direkt zu mir kommenden Glückwünsche. Ob ich gemäss "otium cum dignitate" den ehrenvollen Ruhestand so tatsächlich verdiene, müssen andere entscheiden :-)

Annette Kommentar von Annette |

Ganz tolles Interview. Wünsche dir alles Gute für deine aktuellen und zukünftigen Projekte!

beer Kommentar von beer |

würdevoll, aber detail

Mensch7734 Kommentar von Mensch7734 |

Ein sehr gutes Interview. Viel Glück in eurer Zukunft.

Noname Kommentar von Noname |

Du bist der beste Schachlehrer denn ich je gekannt habe. Toll gemacht!

Maus Kommentar von Maus |

Mit der fehlenden Einbindung der Eltern stimme ich dir zu. Der SSB schiesst über das Ziel hinaus, wenn er jeden Mäusefurz reguliert. Du würdest dem ZV guttun!!!

M.H. Kommentar von M.H. |

Spannendes Interview. Am besten hat mir die Mädchenförderung gefallen. Danke mal an Oliver Marti. Gute Fragen ergeben interessante Antworten.

Rolf Kommentar von Rolf |

Lieber Alex
Alles Gute für die Zukunft! Besonders beeindruckt hat mich "dein grösster Erfolg". Mit einer Nierenkolik eine Schachpartie zu spielen und zu gewinnen ist sehr beeindruckend.

Nguyen Kommentar von Nguyen |

super Interview mit ganz guten Punkten - Danke. Auch danke an Oli, der immer wieder interessante Gesprächspartner findet!

Unbekannt Kommentar von Unbekannt |

Interessant wäre eine Stellungnahme von Seiten ZV zu Kritik von Herrn Schiendorfer "Kontrolle der Schaschschulen" und "Überregulierung von Turnierreglementen"? Provokative Ideen von Mitgliedern hockt man einfach aus. Kein Wunder verlieren wir Mitglieder.

Markus Regez Kommentar von Markus Regez |

Vielen Dank Alexander für das vielschichtige und interessante Interview mit vielen Denkanstössen und auch mit berechtigten Kritikpunkten. Ganz toll, was ihr in Solothurn über Jahre aufgebaut habt. Und vielen Dank für das Engagement als Schachshop die interessierten Schachspielerinnen und Spieler zeitnah mit hochwertigem Schachmaterial zu beliefern.

Franz Kommentar von Franz |

Hallo Alex, kannst du mir das Förderkonzept für Mädchen zusenden? Danke

Alex Schiendorfer Kommentar von Alex Schiendorfer |

Allen herzlichen Dank für die Wortmeldungen und Glückwünsche. Ich versuche das zusammenzufassen:
- Tatsächlich liegt mir viel daran, dass Trainingsstützpunkte beurteilt und ausgezeichnet werden. Es macht Sinn die Guten zu belohnen und die Entwicklungsfähigen zu motivieren.
- Ebenso ist es mir ein Anliegen, dass man mehr auf die Eltern Rücksicht nimmt, sie als Teil eines Schachevents sieht und sie hautnah mitfiebern lässt. Weniger Reglementierung und mehr Freiheiten für die Veranstalter ergeben coole Lösungen.
- Bei den Mädchen ist das Wachstumspotential für Vereine besonders gross. Da sollte sich jeder grössere Klub Überlegungen machen. Es gilt langfristig zu planen und nicht beim ersten Rückfall aufzugeben.

Alles Gute bei euren Schachprojekten

Melanie Kommentar von Melanie |

Meine zwei Kinder haben das Training, die Turniere und Lager immer genossen. Die schachlichen Fortschritte kann ich nicht gut beurteilen. Aber deine ruhige, spassige Art hat meinen Kindern und mir gut getan. Danke lieber Alex

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