SRK - Als ich noch jung war, gab es nur mechanische Uhren mit den entsprechenden Zeitkontrollen (beispielsweise zwei Stunden für 40 Züge, danach eine Stunde pro 20 Züge), was zu unendlich langen Partien führen konnte. Deswegen waren Schiedsrichter mit Hängepartie-Couverts und – wegen der Notationspflicht – hektischen Zeitnotphasen konfrontiert. Diese Hängepartien mussten vor der Schlussrunde abgeschlossen werden, und die Schiedsrichter waren am Vorabend nicht selten bis weit über Mitternacht im Einsatz.

Der Guillotine-Modus (beispielsweise zwei Stunden für 40 Züge plus eine Stunde für den Rest der Partie) führte zu Partien mit theoretischer Maximal-Spielzeit (sechs Stunden für obiges Beispiel) und damit zur Abschaffung der Hängepartien. Die Zeitnot-Schlachten wurden jedoch noch verschärft, da Panik, Verzweiflung und viel Adrenalin auch auf die Schiedsrichter abfärbten und zu unschönen Streitfällen führten.

Entspannung lieferten die Bonus-Zeitkontrollen, die erst mit elektronischen Schachuhren sinnvoll eingeführt werden konnten. Damit wurden zwar (theoretisch) die Partien wieder unendlich lang. Dafür gehörten Zeitnotphasen der Vergangenheit an, da es pro Zug einen Zeitbonus gab, in dem man beispielsweise die Partienotation nachführen konnte.

Heute spielt man bei uns mit dem Fischer-System, bei dem es pro Zug von Anfang an zusätzlich zur Bedenkzeit einen Zeitbonus gibt (30 Sekunden für «normale» Partien, 15 Sekunden für Rapid, zwei Sekunden für Blitz). Die pro Zug «eingesparte Zeit» wird dem Guthaben hinzugefügt.

Beim Bronstein-Modus gibt es auch einen vergleichbaren Bonus, der aber zuerst abläuft, und danach wird die normale Bedenkzeit «angeknabbert». Die pro Zug eingesparte Zeit wird dem Guthaben nicht hinzugefügt. Dieser Modus wird in den USA gerne eingesetzt, weshalb dieser auch «US-Delay» oder «Delay» genannt wird.

Wer heute eine digitale Schachuhr kauft, kann diese Zeitkontrollen auswählen. Probieren Sie mal aus, welche Ihnen am meisten zusagt!

Josef Nemecek

Josef Nemecek, Präsident der Schiedsrichterkommission des Schweizerischen Schachbundes, freut sich über Ihr Feedback und Ihre Fragen zu den «SSZ»-Regelecken. Sie können ihm auch eigene Themen vorschlagen: josef.nemecek@swisschess.ch.