Königliches Bockspringen

von SSB-Schiedsrichterkommission (Kommentare: 0)

SRK - Vor vielen Jahren kam am Zürcher Weihnachtsturnier ein Teilnehmer zu mir und fragte mich, ob er rochieren könne, obwohl sein Turm angegriffen wird. Ich erklärte ihm die Regeln, er bedankte sich und ging an sein Brett zurück. Als er jedoch zum Meisterturnier abbog (und nicht zur allgemeinen Kategorie) wunderte ich mich und folgte ihm unauffällig. Ich stellte verdutzt fest, dass ich eben der Startnummer 4 – einem russischen Grossmeister – die Regeln erklärt habe. Offenbar hat jeder mal einen schwachen Moment.

Wie rochiert man nun korrekt, unabhängig von den Mythen und Märchen, welche sich um diesen Königszug ranken? An sich ist es einfach.

Das Parkett zwischen König und betroffenem Turm muss frei sein, das heisst das Springer und Läufer (und Dame) ausgeflogen sein müssen. Ausserdem darf weder der König noch der beteiligte Turm einen Zug ausgeführt haben (Art. 3.8.2.1). Und letztlich darf der König momentan nicht im Schach stehen – weder auf dem Ausgangsfeld noch auf dem Zielfeld und auch nicht auf dem Feld dazwischen (Art. 3.8.2.2).

Bei der Ausführung gilt, dass man diesen Zug mit nur einer Hand ausführen darf, wobei der König zuerst angefasst werden muss und zwei Felder in Richtung Turm zieht, danach zieht der Turm auf das Feld hinter dem König (Art. 3.8.2). Zweihändiges Rochieren ist nicht gestattet (Art. 4.1).

 Was passiert, wenn man den König in die Hand nimmt, dann jedoch feststellt, dass man gar nicht rochieren kann? Dann muss man einen Zug mit dem König ausführen (auch die Rochade in die andere Richtung, Art. 4.7.2). Wenn kein Königszug möglich ist, darf man einen beliebigen anderen Zug ausführen (Art. 4.5).

 Was passiert aber, wenn man den Turm zuerst in die Hand nimmt? Dann muss man einen Turmzug ausführen (Art. 4.4.2).

Und wenn man – trotz Verbot – beide Figuren in die Hand nimmt und feststellt, dass man nicht rochieren kann? Dann muss er die zuerst berührte Figur ziehen, und wenn das nicht geht, die danach berührte Figur (Art. 4.3.1, 4.4.3). Und man kassiert eine Strafe wegen des illegalen Zugs (Art. 7.5.4, 7.5.5).

Josef Nemecek

 

Josef Nemecek, Präsident der Schiedsrichterkommission des Schweizerischen Schachbundes, freut sich über Ihr Feedback und Ihre Fragen zu den «SSZ»-Regelecken. Sie können ihm auch eigene Themen vorschlagen: josef.nemecek@swisschess.ch.

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