Schweizer Einzelmeisterschaften in Bern (mit zahlreichen Rahmenveranstaltungen): GM Vadim Milov peilt seinen ersten Titel an

von Markus Angst

Sie spielen im Herren-Titelturnier: (oben v.l.) GM Milov, GM Pelletier, GM Kosteniuk, IM Georgiadis, IM Kurmann, (unten v.l.) IM Lötscher, IM Züger, IM Ballmann, IM Huss, IM Klauser.

ma - Erstmals seit 1965 finden ab kommendem Samstag in Bern die acht Tage dauernden Schweizer Einzelmeisterschaften (SEM) statt. Zu den im Kultur Casino in sechs Kategorien ausgetragenen Titelkämpfen werden rund 300 Spieler(innen) erwartet.

Üblicherweise finden die Einzelmeisterschaften des Schweizerischen Schachbundes (SSB) im Juli und in Ferienorten statt. Doch aus Anlass seines 125-Jahr-Jubiläums vergab der SSB die seit 1889 ausgetragenen Einzelmeisterschaften erstmals seit 1994 (Luzern) wieder in eine Stadt, und erstmals seit 1983 (Baden) wird im Herbst statt im Sommer gespielt. «Dank Berns zentraler Lage können viele Spieler zum Turnier pendeln und müssen im Gegensatz zu anderen Jahren kein Hotelzimmer buchen», sagt OK-Präsident Heinz Ernst (Ostermundigen).

Mit Vadim Milovs erstmaliger Teilnahme an den nationalen Titelkämpfen erlebt die SEM 2014 eine Premiere. Der 42-jährige Bieler Grossmeister, der seit drei Jahren das Schweizer Bürgerrecht besitzt, zahlreiche Turniere in aller Welt gewonnen und 2004 als damalige Nummer 24 der FIDE-Weltrangliste in der Nationalliga A der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft (SMM) das Maximum von 9 Punkten aus 9 Partien geholt hat, ist mit 2650 ELO-Punkten gleich die unbestrittene Nummer 1 des Herren-Titelturniers.

In diesem ist zum dritten Mal in Serie auch das weibliche Geschlecht vertreten, hat sich doch die russisch-schweizerische Doppelbürgerin GM Alexandra Kosteniuk wie schon 2010 Lenzerheide (Rang 4) und 2012 Flims (Platz 3), die den Herren-Grossmeister-Titel trägt, fürs geschlossene Zehner-Feld eingeschrieben. Die amtierende Schweizer Herren- und Damen-Meisterin – sie holte im vergangenen Jahr in Grächen im offenen Nationalturnier gleich beide Titel – ist hinter Vadim Milov und dem in Frankreich lebenden Bieler GM Yannick Pelletier die Nummer 3 der Startrangliste. Pelletier, der den Titel 1995, 2000, 2002 und 2010 geholt hat, ist neben Kosteniuk, IM Beat Züger (Siebnen/gewann 1989), dem mit 64 Jahren ältesten Teilnehmer IM Andreas Huss (Lausanne/1983) und Lokalmatador IM Markus Klauser (Belp/1986) einer von insgesamt fünf ehemaligen Landesmeistern.

Den Arrivierten das Leben schwer machen wollen die beiden jüngsten Spieler. Der 18-jährige IM Nico Georgiadis (Schindellegi), Startnummer 4, ist der jüngste Internationale Meister der Schweizer Schachgeschichte und war im vergangenen Frühling eine Woche lang jüngster Schweizer Spieler mit einer Grossmeister-Norm. Und der als Nummer 5 startende 29-jährige Oliver Kurmann (Luzern) stand vor zwei Jahren in Flims mehrere Runden an der Spitze des Herren-Titelturniers, ehe er noch auf den undankbaren 4. Platz zurückfiel.

WIM Gundula Heinatz (Thun) Nummer 1 bei den Damen

Um den Damen-Titel dürfte es im Hauptturnier I nach dem aus beruflichen Gründen erfolgten kurzfristigen Verzicht der frischgebackenen Frauengrossmeisterin Monika Seps (Steinmaur) zu einem Dreikampf zwischen den nur durch 47 ELO-Punkte getrennten Nationalmannschaftsspielerinnen WIM Gundula Heinatz (Thun/2188 ELO), WFM Laura Stoeri (Payerne/2163) und WFM Camille De Seroux (Genf/2141) kommen. Aussenseiterchancen hat auch die als Nummer 4 der Damen startende Lena Georgescu (Moosseedorf/2079). Die erst 15-jährige Bernerin hat in den letzten Monaten mit einigen starken Turnieren – beispielsweise Rang 3 im Allgemeinen Turnier des diesjährigen Bieler Schachfestivals – für Aufsehen gesorgt.

Klarer Favorit im Senioren-Titelturnier – das wegen des SSB-Jubiläums ausnahmsweise auch zehn Teilnehmer hätte aufweisen sollen, mangels Anmeldungen nun aber doch nur acht Interessenten zählt – ist Titelverteidiger FM Vjekoslav Vulevic (Davos). Weil die SEM in mehreren Kantonen in die Schulferien fällt, wurden die üblicherweise im Hauptturnier I ausgespielten Titel in den beiden Nachwuchskategorien U18 und U16 in speziellen Turnieren bereits vergeben. U18-Meister wurde im Juli am Bieler Schachfestival Noël Studer (Muri/BE), bei U16 siegte am Belper Weekend-Turnier im Juni Davide Arcuti (Luzern).

Anmeldungen vor Ort bis eine Stunde vor Turnierbeginn möglich

Gespielt wird im Kultur Casino Bern jeweils ab 13 Uhr – mit Ausnahme der Startrunde (15 Uhr), der Doppelrunde am Sonntag (9 und 15 Uhr) sowie der Schlussrunde (9 Uhr). Für das am Samstagnachmittag beginnende Hauptturnier I sowie für die am Sonntagnachmittag beginnenden Hauptturnier II, Hauptturnier III und Seniorenturnier II kann man sich vor Ort bis 14 Uhr anmelden. Zuschauer sind bei freiem Eintritt jederzeit herzlich willkommen.

Attraktive Rahmenveranstaltungen

Parallel zur SEM gibt es in Bern zahlreiche attraktive Rahmenveranstaltungen. So präsentiert das Warenhaus Loeb, gestaltet von der Hochschule der Künste, vom 26. bis 28. September Schach Live im Schaufenster. Zu sehen gibt es unter anderem eine Grossmeister-Challenge mit GM Artur Jussupow (D) und GM Alexander Raetsky (Rus), einen Jugend-Cup mit Schweizer Jungtalenten, Walk-in-Schach für Passanten, und Live-Übertragungen vom Herren-Titelturnier aus dem Kultur Casino. Verschiedene Geschäfte setzen das Thema Schach in ihrem Schaufenster um. Die Ausstellungen laden ein zum Schach-Parcours durch die Innenstadt, der seinen Höhepunkt bei den Schweizer Einzelmeisterschaften im Kultur Casino findet. Zu sehen gibt es im Kultur Casino und in der Bijouterie Zigerli + Iff auch eine Ausstellung von neun Künstlerinnen und Künstlern.

Am 27. September findet im Kultur Casino das Jugend-Teamturnier Hans Klee statt, am 30. September ein Blitzturnier. Am 3. Oktober gibt der russische Ex-Weltmeister Anatoli Karpow eine Simultanvorstellung an 20 Brettern gegen VIP, Sponsoren und angemeldete Amateure. Am 27. und 29. September spielt der ebenfalls aus Russland stammende Grossmeister Alexander Raetsky auch an 20 Brettern gegen Amateure. Unter dem Motto «Walk-in-Schach» haben im Kultur Casino Zuschauer die Möglichkeit, gegen Klubschachspieler anzutreten oder das Schachspiel zu erlernen. Am 2. Oktober hält Prof. Dr. Adrian Siegel, Neurologe und Zentralpräsident des Schweizerischen Schachbundes (SSB), einen Vortrag «Schach und Gehirn», und am SEM-Schlusstag steht ebenfalls im Kultur Casino die Internationale Schweizerische Problemlösungsmeisterschaft 2014 auf dem Programm.

Die Favorit(inn)en der SEM in Bern

Herren-Titelturnier (10 Teilnehmer/vollrundig): 1 GM Vadim Milov (Biel/42 Jahre) 2650 ELO, 2 GM Yannick Pelletier (Fr/Sz/38) 2578, 3 GM Alexandra Kosteniuk (Rus/Sz/30) 2533, 4 IM Nico Georgiadis (Schindellegi/18) 2451, 5 IM Oliver Kurmann (Luzern/29) 2423, 6 IM Roland Lötscher (D/Sz/32) 2419, 7 IM Beat Züger (Siebnen/53) 2399, 8 IM Martin Ballmann (Winterthur/46) 2396, 9 IM Andreas Huss (Lausanne/54) 2396, 10 IM Markus Klauser (Belp/56) 2390. Ersatz: IM Richard Gerber (Genf/49) 2380.

Senioren-Titelturnier (8 Teilnehmer/vollrundig): 1 FM Vjekoslav Vulevic (Davos/65) 2328, 2 Benjamin Huss (Hittnau/66) 2173, 3 FM Peter Hohler (Aarburg/73) 2171, 4 Manfred Gosch (Pfäffikon ZH/69) 2155, 5 Helmut Eidinger (Wettingen/64) 2100, 6 Siegfried Reiss (Amden/67) 2097, 7 Peter Bischoff (Rehetobel/67) 2071, 8 Christoph Kuert (Langenthal/70) 2043. Ersatz: René Finger (Thun) 1930.

Top 15 des Hauptturniers (9 Runden): 1 GM Bauer Christian (Fr) 2641, 2 GM Pawel Tregubow (Rus) 2606, 3 GM Artur Jussupow (D) 2585, 4 IM Torstein Bae (No) 2431, 5 IM Petar Benkovic (Ser) 2425, 6 IM Richard Gerber (Genf) 2370, 7 FM Yevgen Bondar (Lausanne) 2364, 8 IM Srdjan Zakic (Ser) 2342, 9 FM Aurelio Colmenares (Genf) 2319, 10 FM David Burnier (Clarens) 2311, 11 FM Kambez Nuri (Richterswil) 2300, 12 FM Marco Gähler (Zürich) 2299, 13 FM Jonas Wyss (Zürich) 2288, 14 FM Kaspar Kappeler (Zürich) 2280, 15 FM Ralf-Axel Simon (D) 2235. Ferner die fünf Damen: 20 WIM Gundula Heinatz (Thun/Nr. 1) 2188, 24 WFM Laura Stoeri (Payerne/Nr. 2) 2163, 26 WFM Camille De Seroux (Genf/Nr. 3) 2141, 36 Lena Georgescu (Moosseedorf/Nr. 4) 2079, 61 Ruth Bohrer (Basel/Nr. 5) 1916. – Weitere Anmeldungen sind bis eine Stunde vor Turnierbeginn möglich.

Die Meister(innen) der letzten 10 Jahre

2004 (Samnaun): Joe Gallagher/Tatjana Lematschko

2005 (Saastal): Joe Gallagher/Monika Seps

2006 (Lenzerheide): Florian Jenni/Tatjana Lematschko

2007 (Leukerbad): Joe Gallagher/Monika Seps

2008 (Samnaun): Roland Ekström/Tatjana Lematschko

2009 (Grächen): Viktor Kortschnoi/Tatjana Lematschko

2010 (Lenzerheide): Yannick Pelletier/Tatjana Lematschko

2011 (Leukerbad): Viktor Kortschnoi/Alexandra Kosteniuk

2012 (Flims): Joe Gallagher/Monika Seps

2013 (Grächen): Alexandra Kosteniuk/Alexandra Kosteniuk

SEM-Rahmenveranstaltungen in Bern

26.–28. September: Schach Live im Schaufenster Loeb (Gestaltung: Hochschule der Künste). 26. September: Grossmeister-Challenge mit GM Artur Jussupow und GM Alexander Raetsky, Jugend-Cup mit Schweizer Jungtalenten, Walk-in-Schach für Passanten, Bücherverkauf und Signierstunde mit GM Artur Jussupow. 27. September: Meet and play mit GM Alexander Raetsky, Walk-in-Schach für Passanten, Live-Übertragung aus dem Kultur Casino, 1. Runde Herren-Titelturnier (Brett 1). 28. September: Live-Übertragung aus dem Kultur Casino, 2./3. Runde Herren-Titelturnier (Brett 1+2).

26. September – 4. Oktober: Schach Expo in Geschäften und im Kultur Casino. Verschiedene Geschäfte setzen das Thema Schach in ihrem Schaufenster um. Die Ausstellungen laden ein zum Schach-Parcours durch die Innenstadt, der seinen Höhepunkt bei den Schweizer Einzelmeisterschaften im Kultur Casino findet.

27. September (10.30 –16.30 Uhr): Jugend-Teamturnier Hans Klee. Kultur Casino (Bernerstube).

27. und 29. September (jeweils 19–22 Uhr): Simultanvorstellung an 20 Brettern von Grossmeister Alexander Raetsky. (Kultur Casino, Bernerstube). Es hat noch Plätze frei (Einsatz: 20 Franken).

27. September – 4. Oktober: Schach und Kunst. 9 Künstler(innen) stellen aus (Kultur Casino und Bijouterie Zigerli + Iff, Spitalgasse 14).

29. September – 3. Oktober: Walk-in-Schach. Zuschauer spielen gegen Klubschachspieler oder erlernen das Schachspiel. Kultur Casino (Bernerstube oder Arvenstube).

30. September (19.30–22 Uhr): Blitzturnier. Kultur Casino, Bernerstube (Einsatz: 10 Franken, Geldpreise).

2. Oktober (19–20 Uhr): Vortrag «Schach und Gehirn» von Prof. Dr. Adrian Siegel, Neurologe und Zentralpräsident des Schweizerischen Schachbundes (SSB). Kultur Casino, Burgerratssaal (Eintritt frei).

3. Oktober (19–22 Uhr): Simultanvorstellung an 20 Brettern von Ex-Weltmeister Anatoli Karpow gegen VIP und Sponsoren. Kultur Casino (Burgerratssaal). Es hat noch ein paar Plätze frei (Einsatz: 20 Franken).

4. Oktober (13–17 Uhr): Internationale Schweizerische Problemlösungsmeisterschaft 2014. Kultur Casino.

Weitere Infos zur SEM 2014 in Bern finden Sie hier:

Turnier-Homepage: www.sem2014.ch

Schach im Schachfenster: www.schach-im-schaufenster.ch 

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