Interview des Monats mit FM Simon Stoeri: «Es gibt keine Wunder – man muss vielversprechende Jugendliche mit Kursen unterstützen, die ihrem Niveau entsprechen»

a cura di Markus Angst

Simon Stoeri: «Ich konzentriere mich auf meine Funktion als Trainer und Ausbildner – mein Interesse am Spielen ist etwas gesunken.»

ma - FM Simon Stoeri hat seine Karriere als Schachspieler seit der Geburt seiner Kinder auf Eis gelegt, um sich hauptsächlich der Ausbildung von Trainern in der Westschweiz und von Schülern der Broye-Schachschule in Payerne zu widmen. Eine finanzielle Unterstützung von Jugend & Sport könnte die Entwicklung des Schachs fördern, sagt er.

Wie bist Du zum Schach gekommen?

Mein Grossvater hat uns das Spiel gezeigt, und ich habe mich ziemlich schnell dafür interessiert. Mein Vater hat sich dann nach einem Verein erkundigt. und so bin ich 2002 im Alter von acht Jahren beim CE Payerne gelandet. Meine Schwester Laura folgte mir kurz darauf, als sie erst sechs Jahre alt war.

Bist Du aus der Broye-Schachschule hervorgegangen?

Nicht wirklich. Die EEB wurde erst später, im Jahr 2007, von einem Team um Jean-Paul Rohrbach gegründet. Auch mein Vater war an der Gründung beteiligt. Er holte den IM Alexandre Vuilleumier, der Nachwuchstrainer wurde.

Wer waren Deine Trainer?

Ganz am Anfang war es der ehemalige Präsident des CE Payerne, Jean-Paul Rohrbach. Dann kam Alexandre Vuilleumier. Danach hatte ich keine anderen mehr. Ich habe nur Kurse oder ein paar Trainingseinheiten besucht, aber keinen regelmässigen Trainer gehabt.

Ein Blick in die Führungsliste zeigt, dass Du immer seltener spielst. Hast Du Deine Karriere als Spieler auf Eis gelegt?

Ja, ich habe nicht mehr viel Zeit. Seit der Geburt meiner beiden Kinder, die jetzt zweieinhalb Jahre und sechs Monate alt sind, musste ich Prioritäten setzen. Im Schach konzentriere ich mich auf meine Funktion als Trainer und Ausbilder. Mein Interesse am Schachspiel hat etwas nachgelassen.

Hast Du den Titel des Internationalen Meisters noch im Visier?

Wer weiss, aber im Moment ist das eher ein Traum. Ich war nie ein grosser Arbeiter im Schach. Ich bräuchte einen grossen Motivationsschub, um mich wieder in Schwung zu bringen. Ich habe bereits eine IM-Norm in der Schweizer Mannschaftsmeisterschaft der Nationalliga B aus dem Jahr 2017 mit 6½ aus 9 und einer Leistung von 2474 ELO erreicht und habe weitere Normen mehrmals knapp verfehlt. Das Schwierigste wäre es jedoch, die für den IM-Titel nötigen 2400 ELO zu erreichen.

Schach unterrichten: Wie kam es zu dieser Motivation?

Erstens mag ich es, zu vermitteln. Ich habe auch zehn Jahre lang Tennisunterricht gegeben. Und seit zehn Jahren unterrichte ich auch an der Broye-Schachschule. Zweitens war ich ein grosser Wettkämpfer und bin Captain von Payerne in der Nationalliga B der Schweizerischen Mannschaftsmeisterschaft in der 1. Bundesliga der Schweizerischen Gruppenmeisterschaft. Aber ich werde diese Captain-Ämter abgeben, um mich auf den Schachunterricht zu konzentrieren.

Der Nachwuchs im CE Payerne ist beeindruckend, wie viele Schweizer Meister(innen) habt Ihr im Verein?

Ich war 2009 der Erste in der Kategorie U16. Meine Schwester Laura war einmal Schweizer Meisterin bei den Damen und mehrmals beim Nachwuchs. Dazu kommen Titel für Niels Stijve, Flavio Rotunno und Mikayel Zargarov. Das macht also fünf Schweizer Meister(innen) sowie viele weitere Podestplätze – vor allem bei den Mädchen und einen 2. Platz für Colin Hofmann an der Nachwuchs-Rapid-Meisterschaft. Hingegen hat unser Bester, IM Theo Stijve, noch nie einen nationalen Titel geholt! Aber das wird eines Tages kommen. In dieser Erfolgsliste zähle ich WFM Mariia Manko nicht mit, die dieses Jahr Bundesmeisterin, letztes Jahr U16-Europameisterin und in der Ukraine ausgebildet worden ist.

Gibt es ein Rezept für den Erfolg Eures Klubs und der Schachschule?

Es gibt keine Wunder. Man muss die vielversprechenden Jugendlichen mit Kursen unterstützen, die ihrem Niveau entsprechen. Und man muss sie in die Mannschaften integrieren. Wir bieten auch Einzelunterricht an. Der CE Payerne will wie eine Familie sein – mit festlichen Anlässen und vielen Turnieren, die den Zusammenhalt stärken. Wir organisieren zum Beispiel jedes Jahr eine Qualifikationsrunde für die Schweizer Jugend-Einzelmeisterschaft, eine Runde des Coupe du Léman, das Tournoi du Comptoir und manchmal auch das Bundesturnier. Der ganze Vorstand und das gesamte Team der Schachschule arbeiten zusammen, um unsere Jugendlichen zu unterstützen.

Und jetzt gibst du Kurse für Juniorentrainer. Hast Du an Schulungen teilgenommen?

Ja, aber nicht nur für Schach. Ich habe zahlreiche Jugend & Sport-Ausbildungen im Tennis absolviert, die mir in meiner Funktion als Trainer helfen, sowie eine Ausbildung in Sportpsychologie. Meine Fähigkeiten im Unterrichten wurden vom Schweizerischen Schachbund, der mir die Ausbildung von Juniorentrainern für die Westschweiz anvertraut hat, anerkannt. Seit zwei Jahren gebe ich vier Kurse pro Jahr, und davor habe ich auch einige Schulungen im Rahmen der SSB-Kurse durchgeführt.

Wie laufen diese Kurse ab?

Sie sind unter anderem wegen des Erfahrungsaustauschs der Teilnehmer(innen) interessant. Ich beobachte auch eine positive Entwicklung, indem ich feststelle, dass die Vereine versuchen, sich zu entwickeln. Sie erkennen, wie wichtig die Ausbildung des Nachwuchses ist. Dies ist unter anderem bei Lausanne und Yverdon-les-Bains der Fall, die versuchen, wieder in Schwung zu kommen. Aber es ist noch ein weiter Weg zu gehen.

Stellst Du ein neues Interesse am Schach fest?

Ja, aber die Betreuung ist noch nicht ausreichend. Eine finanzielle Unterstützung von Jugend & Sport könnte die Entwicklung des Schachs fördern. In Payerne haben wir das Glück, von der Unterstützung der Gemeinde zu profitieren, die uns Räume zur Verfügung stellt. Aber wo sonst? Die Wiederbelebung einer Schachschule oder einer Juniorenbewegung erfordert eine grosse finanzielle Investition – zum Beispiel für Material, Räumlichkeiten oder die Entschädigung von Trainern. In der Westschweiz gibt es ein grosses Potenzial, aber die Vereine verlieren angesichts der Grösse der Aufgabe den Mut. Es ist nicht einfach, ein Projekt über einen längeren Zeitraum zu betreiben.

An der Broye-Schachschule bist Du für die Coaching-Kurse zuständig. Worum geht es dabei?

Das ist ein sehr anspruchsvoller Kurs. Wir wählen die fleissigsten und talentiertesten Schüler(innen) aus und bieten ihnen zusätzliche Kurse an, in denen sie schneller Fortschritte machen können und die auf Wettkämpfe ausgerichtet sind. Sie haben die Kurse der Stufen 5 und 6 der Stappenmethode ersetzt. Ich gebe auch thematische Kurse für Erwachsene und Privatunterricht.

Was bedeutet das in Bezug auf den Prozentsatz Deiner Aktivität?

Ich würde sagen etwa 20 Prozent. Ich bin jedoch zu 80 Prozent berufstätig. Es gibt Zeiten, in denen mehr los ist als in anderen. Im Sommer ist es sehr ruhig. Und mit der gesammelten Erfahrung benötige ich etwas weniger Vorbereitungszeit.

In der Schweiz gibt es mehrere professionelle Schachschulen. Wurde eine solche Lösung in Payerne nie in Betracht gezogen?

Nein, denn unser Modell ist ganz anders. Wir bieten Sport für alle an. Die Kurse der Stufen 1 und 2 sind kostenlos. Eltern, die etwas spenden wollen, tun dies auf freiwilliger Basis als befreundete Mitglieder.

In der letzten SMM-Saison behielt Payerne seinen Platz in der Nationalliga B dank des Rückzugs von Echallens II nur am grünen Tisch. Auch dieses Jahr hattet Ihr den Klassenerhalt zwei Runden vor Schluss noch nicht sicher, bevor Ihr in den letzten beiden Runden noch einmal richtig aufdreht habt. Gab es auch mal Schwierigkeiten?

Mit ein oder zwei Ausnahmen konnten wir in den letzten zwei Jahren nie die beste Mannschaft aufbieten. Manchmal gibt es gewisse Motivationsprobleme bei den Spielern. Das liegt auch am Wesen der Nationalliga B, die eine professionelle Struktur hat, in der aber auch Amateure spielen. Die Partien sind aufgrund des speziellen Rhythmus lang, und am Sonntag zu spielen, ist für viele Spieler nicht angenehm. Auch die Doppelrunden sind ein Problem. Forfaits sind keine Seltenheit. Meiner Meinung nach sollte die Nationalliga B reformiert werden und sich an der 1. Liga und nicht an der NLA orientieren und auf sechs Bretter umgestellt werden, um nicht nur die grossen Vereine zu begünstigen. Dies würde auch bis zu einem gewissen Grad die Abwanderung von Talenten aus einigen «kleinen» Vereinen verhindern, Talente, die als Schaufenster für die ausbildenden Vereine dienen sollen. Ich habe am der Nationalliga-Sitzung einige Änderungen vorgeschlagen, aber die Mehrheit der Vereine teilt diese Meinung nicht. Oder man sollte die Motivation der Mannschaften steigern, indem man die Mannschaften belohnt, die auf den ersten Plätzen landen.

Interview: Bernard Bovigny/Übersetzung: Markus Angst

Porträt von Simon Stoeri

Wohnort: Payerne.

Alter: 29 Jahre.

Beruf: Stadtplaner beim Kanton Waadt.

Hobbies: Schach, Tennis, Fussball.

ELO SSB: 2273.

Verein: CE Payerne.

Grösste Erfolge: Schweizer Meister U16 2009, Schweizer Rapid-Meister U18 2012 in Solothurn. Schweizer Mannschaftsmeister 2012 mit Genf. FIDE-Meister-Titel 2016.

Lieblingsspieler: Ding Liren (wegen seines präzisen Stils und seiner Kaltblütigkeit).

Schachbücher: «Mein System» von Nimzowitsch und «Denken wie ein Grossmeister» von Kotow – ein Geschenk des verstorbenen Jean-Paul Rohrbach.

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